„Was für ein Theater!“ ist auf dem Banner an der Wand des Augsburger Staatstheaters zu lesen. Die Augsburger:innen können nur murmelnd beipflichten. Schon sieben Jahre dauern die Sanierungsarbeiten des Großen Hauses mittlerweile an, und die Ungeduld steigt an manchen Tagen noch höher als die Baukosten. Seit 2017 hat kein Gast das Große Haus mehr betreten, denn aufgrund von Sanierungsarbeiten muss das Theater auf andere Spielstätten – wie das Gaswerk und den Martinipark – ausweichen. Doch es scheint nicht ruhiger zu werden ums Theater: Erst neulich wurde dem Architekturbüro, das bisher für die Planungsarbeiten verantwortlich war, von der Stadt gekündigt. Obwohl die Planungsarbeiten abgeschlossen sind, werden die Bauarbeiten (anders als in der Ulmer Straße) noch mindestens weitere fünf Jahre, bis 2029, dauern – doch dieser Aufwand verspricht, sich zu lohnen.
Nicht nur Lech- sondern auch Kulturmetropole
Die Schwaben wissen es schon lange: Lieber einmal teure Qualität kaufen als zweimal billig! Dasselbe gilt auch für die aufwendigen Sanierungsmaßnahmen des Staatstheaters. Denn das, was sich jetzt nach einer wahren Herkulesaufgabe anfühlt, stellt die Weichen für viele Jahre in der Zukunft. Bereits jetzt ist die Fuggerstadt auch aufgrund ihrer geschichtsträchtigen Vergangenheit und zahlreichen Legenden eine Hochburg der Kultur. Augsburgs Kulturreferent Jürgen K. Enninger vergleicht die Stadt in der Gegenwart sogar mit anderen Kulturmetropolen wie Bilbao, Florenz, und Graz – und erhebt die Stadt damit auf einen europäischen Rang. Den genannten Orten begegnet Augsburg durchaus auf Augenhöhe. Das Staatstheater ist dabei ein Knotenpunkt der modernen Kulturszene – damit die Stadt diesen Status erhalten und weiter ausbauen kann, braucht es ein zukunftsfähiges Theater.
„Ihr wißt, auf unsern deutschen Bühnen…“
„… Probiert ein jeder, was er mag“ - so heißt es schon in „Faust I“. Wie soll man probieren können, wenn nicht die technischen Möglichkeiten dafür vorhanden sind? Weder Maschinen noch Prospekte sollen dafür geschont werden, kommandiert der Direktor im „Vorspiel auf dem Theater“ – für die Kunst. Denn schließlich sind die Pfosten, die Bretter aufgeschlagen, und jedermann erwartet sich ein Fest! Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden und Augsburg weiterhin als Kulturmetropole zu vertreten, nimmt das Staatstheater seine umgreifenden Sanierungsarbeiten gerne in Kauf. Nach dem Umbau wird das Große Haus der modernste und funktionalste Theaterbau des Freistaates Bayern sein. Damit wird das Theater zu einem überregionalen Alleinstellungsmerkmal. Für Augsburg entsteht so ein modernes Fünf-Sparten-Haus: Schauspiel, Oper, Ballett, Konzerte sowie digitale Formate finden hier ihre Bühne.
Mehr als nur Bühne: das Theaterquartier
Bis zur Hallo-Augsburg-Redaktion sind die Bauarbeiten des Theaters sichtbar: Bauzäune, Kräne und das ein oder andere Fahrzeug. Schließlich wird ja nicht nur das Große Haus saniert, sondern das ganze Theaterquartier erhält einen neuen Anstrich. Doch geht es hier um mehr als die Sanierung eines Nachkriegsgebäudes – denn auf dem ganzen Areal rund um das eigentliche Theater entstehen neue Räume für neue Träume. Mithilfe einer öffentlichen Kantine, einer Multifunktionsbühne, einem Theatercampus, einem offenen Orchesterprobensaal sowie einem weiteren Café und einem Kulturspielplatz für die Jüngsten soll die Kreativität Einzug in Augsburgs Innenstadt halten. Eine Veränderung, welche die gesamte Stadt aufwertet – denn als sogenannter weicher Standortfaktor erhöht das Theater die Lebensqualität Augsburgs.
Arbeitgeber und Anziehungspunkt zugleich
Neben dem Knotenpunkt für die Kulturszene ist das Staatstheater auch wirtschaftlich von hoher Bedeutung. Denn die städtischen Bühnen sind zwischen Publikumsraum und Bühnenvorhang vor allem eins: Arbeitgeber. Ungefähr 500 ausgebildete Fachkräfte sind am Theater beschäftigt. Die Ansiedlung von eben diesen soll auch zukünftig gewährleistet sein. Zudem ist das Theater ein Ausbildungsbetrieb, an dem künstlerische Berufe erlernt werden können. Mit bis zu 500 Veranstaltungen und ungefähr 240.000 Besucher:innen pro Jahr ist es darüber hinaus im Tourismus-Bereich eine wichtige Einnahmequelle der Stadt. Die Bruttowertschöpfung beträgt rund 32,8 Millionen Euro. Somit ist das Theater für die Augsburgs Imageförderung äußerst entscheidend.
Die Kultur fördert das urbane Selbstbewusstsein
Mithilfe der kulturellen Stadtentwicklung soll außerdem der sogenannte „Bilbao-Effekt“ angekurbelt werden. Darunter versteht man das Abfangen der Deindustrialisierung und die gelungene Entwicklung hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Ansonsten droht Augsburg laut einer Studie aufgrund der geografischen Nähe zu München die Veränderung hin zu einer Pendelstadt. Kultur stiftet dagegen Identität und Zugehörigkeitsgefühl. Wo sie ist, zieht es die Menschen hin – also sollen sie nach Augsburg kommen!