Seit dem Wochenende sind die Bilder des heftigen Unwetters und dem damit verbundenen Hochwasser im Süden Deutschlands in allen Medien präsent. Das Tief Orinoco brachte extrem ergiebige Niederschläge, die auf bereits übersättigte Böden trafen. Seit dem 30. Mai sind deshalb mehr als 1.800 Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) unermüdlich im Einsatz. Sie pumpen Wasser ab, unterstützen bei Evakuierungsmaßnahmen und der Transportlogistik, führen Hochwasserschutzmaßnahmen durch und beraten Krisenstäbe. Weitere THW-Kräfte stehen bereit, um mit ihrer Spezialtechnik in den Krisengebieten zu helfen.
Was ist das THW und was sind seine Aufgaben?
Das Technische Hilfswerk wurde am 22. August 1950 von Otto Lummitzsch gegründet, nachdem er mit dem damaligen Bundesinnenminister Gustav Heinemann den Beginn der Aufstellung eines zivilen Ordnungsdienstes vereinbarte. Seit über 70 Jahren leistet das THW als Zivil- und Katastrophenschutzorganisation des Bundes technische Hilfe im In- und Ausland. Aktuell engagieren sich bundesweit ungefähr 88.000 Ehrenamtliche in den 668 Ortsverbänden.
Das Aufgabenspektrum des THWs ist vielfältig. Es gibt zahlreiche Einheiten und Fachgruppen, die eine Vielzahl spezifischer Fähigkeiten und Aufgaben abdecken. Diese reichen von Bergung über Brückenbau bis hin zur Trinkwasserversorgung. Das THW ist Partner im Bevölkerungsschutz, vor allem wenn es um technisch aufwendige und hochspezialisierte Lösungsansätze geht oder schweres Gerät nötig ist. Sie retten, organisieren, reparieren und leisten nach schweren Naturkatastrophen in ganz Deutschland aber auch weltweit humanitäre Hilfe. Aufgaben des THWs sind unter anderem technische Hilfe im Bereich der Infrastruktur sowie im Umweltschutz, technische Gefahrenabwehr, Logistik, Versorgung der Bevölkerung und viele weitere technische Hilfeleistungen.
Momentan helfen sie bei der Hochwasserbekämpfung und Versorgung der Betroffenen in Süddeutschland. Hierbei sind vor allem die Bilder der Einsatzkräfte präsent, die Sandsäcke stapeln, Personen mit den THW-Fahrzeugen aus überfluteten Gebieten in Sicherheit bringen und Wasser pumpen. Aber auch gegen eine andere Folge dieser Katastrophe kämpft eine Spezialeinheit mit einer weitaus weniger bekannten Methode: die Ölschadensbekämpfung.
Die Ölschadensbekämpfung des THWs in Gablingen
In Augsburg und der Umgebung liefen in den vergangenen Tagen etliche Keller und Tiefgaragen mit Wasser voll. Durch das Hochwasser können Heizöltanks, die sich in Kellern befinden, beschädigt worden sein, wodurch das Wasser mit Öl verschmutzt werden kann. Dieses mit Öl verschmutzte Wasser darf nicht einfach abgepumpt werden, sondern ist wie Sondermüll zu behandeln und entsprechend zu entsorgen. Das THW hat aufgrund einer Separationsanlage die Möglichkeit, das Öl vom Wasser zu trennen, sodass deutlich weniger Sondermüll entsteht. Auf dem Firmengelände des Chemiehandelsunternehmen Staub & Co. – Silbermann in Gablingen hat die Fachgruppe Ölschaden des THWs nun die Separationsanlage SEPCON eingerichtet, um das verschmutzte Wasser vom Öl zu reinigen.
Wie funktioniert die Separierung?
André Stark, bayerischer Landessprecher des Technischen Hilfswerks, erklärt, wie die Separierung funktioniert. Zunächst wird in den betroffenen Ortschaften das mit Öl verschmutzte Wasser abgepumpt und mit Tankfahrzeugen angeliefert. Aus den Tanks wird das Wasser dann in große Becken geleitet. Hierbei entsteht dann schonmal eine Separierung nach dem Schwerkraftprinzip: Öl schwimmt oben, Wasser unten. Das Öl, das auf dem Waser schwimmt, wird dann durch eine spezielle Technik abgeschöpft und durch die Anlage geschickt. Nach dem Verfahren wird es in eine Raffinerie geliefert, da das abgeschöpfte Öl so rein ist, dass es anschließend weiterverwendet werden könnte. Das übrige Wasser wird abgepumpt und in das normale Abwassernetz eingespeist, von wo es dann in die Kläranlage fließt, um von möglichen anderen Stoffen gereinigt zu werden. Das Wasser hat dann meist einen Reinheitsgrad von 98% und ist somit sauberer als es vor der Verunreinigung war. Durch die Separationsanlage können aktuell rund 40 Kubikmeter, also 40.000 Liter Öl-Wasser-Gemisch pro Stunde aufbereitet werden. Da die Anlage allerdings auf Sonnenlicht angewiesen ist, kann nur bei Helligkeit gearbeitet werden. Stark stellt sich darauf ein, dass er und seine Kolleg:innen noch etwa fünf Wochen mit der Aufbereitung des verunreinigten Wassers in den Hochwassergebieten beschäftigt sein werden.
Wieso der Standort Gablingen?
Aktuell ist der Standort in Gablingen der einzige dieser Art deutschlandweit. Theoretisch verfügt das THW allerdings über genug Material für die Errichtung von sieben weiteren Anlagen. Der Standort Gablingen ist ideal, da er sehr nah an der Autobahn liegt und somit gut mit den großen Tankfahrzeugen zu erreichen ist. Außerdem wurde das Firmengelände von Staub & Co. – Silbermann vom Geschäftsführer Andreas Frank zur Verfügung gestellt. Frank ist selbst beim THW und viele seiner Mitarbeitenden sind ebenfalls vom Hochwasser betroffen. Deshalb war für ihn sofort klar, dass er helfen möchte.
Was tun, wenn der eigene Keller betroffen ist?
Wenn euer Heizöltank durch das Hochwasser beschädigt wurde und das Wasser in eurem Keller mit Öl verschmutzt ist, dürft ihr es aus Umweltschutzgründen nicht einfach selbst abpumpen! Die betroffenen Gebäude werden mit der Zeit von den Einsatzkräften erfasst und abgearbeitet. Soweit der Schadensfall bei der örtlichen Feuerwehr noch nicht bekannt ist, solltet ihr ihn bei der örtlichen Gemeindeverwaltung melden. Wählt dazu aber nicht den Notruf oder ruft die Leitstelle an! Das Landratsamt versichert, dass alle Fälle abgearbeitet werden, dies jedoch noch einige Zeit dauern wird.
Vielen Dank an alle Einsatzkräfte, die unermüdlich an der Schadensbekämpfung arbeiten! Ein Dank geht auch an die Arbeitgeber:innen der THW-Einsatzkräfte für die Freistellung der Ehrenamtlichen!