Das Modular steht für Offenheit, Respekt und Toleranz. Diese Werte werden auf dem „Festival für alle“ stets betont und auch gelebt. Ausgerechnet dort sollte es im Jahr 2023 jedoch zu „unangemessenem Verhalten und Grenzverletzungen“ seitens der Mitarbeitenden gegenüber Gästen gekommen sein, so zumindest der Vorwurf. Noch immer beschäftigt sich der Stadtjugendring Augsburg (SJR) mit dessen Aufarbeitung.
Schwere Vorwürfe und Beauftragung einer Kanzlei
Mit Aufkommen der schweren Anschuldigungen im Dezember 2023 war es nach Angaben des Stadtjugendrings stets oberste Priorität gewesen, diese umgehend aufzuklären und auch präventiv gegen solche Vorfälle vorzugehen. Während in den Medien zu diesem Zeitpunkt bereits über konkrete Fälle berichtet wurde, gelang es dem BJR und SJR trotz intensiver Bemühungen nicht, an belastbare Informationen zu gelangen. Aus diesem Grund entschloss man sich im Februar 2024 zur Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungsstelle, die über umfassende einschlägige Erfahrung verfügt und unter anderem Vertrauensanwält:innen für Spitzensportverbände stellt. An diese konnten sich Betroffene und andere Hinweisgebende, auf Wunsch auch anonym, wenden. Des Weiteren wurden Materialien wie Presse-Berichterstattungen und weitere Daten ausgewertet, um auf deren Grundlage Hintergrundgespräche mit Auskunftspersonen zu führen. Doch die „Vertrauenspersonen“ des Modular Festivals, die ursprünglich mit schweren Vorwürfen an SJR und BJR herangetreten waren, zeigten sich auch nach aktiver Ansprache durch die Anwaltskanzlei nicht bereit, mit dieser zu kommunizieren oder auf anderem Weg zur Aufklärung etwaiger Vorgänge beizutragen.
Ergebnisse langer Arbeit
Nach knapp fünf Monaten hat die Frankfurter Anwaltskanzlei Rettenmaier nun einen abschließenden Bericht vorgelegt. Dieser bestätigt die in den Medien berichteten Fehlverhalten von sexualisierter zwar nicht, zeige aber laut Angaben des BJRs verbale Grenzverletzungen auf, die inakzeptabel gewesen seien. Damit gäben die Ergebnisse einen Anlass für Reflexion. Auch Marlene Mechold, Vorsitzende des SJR Augsburg, äußert sich dazu: „Der Vorstand des SJR Augsburg setzt darauf, dass der von uns schon vor längerer Zeit angestoßene Prozess zur Organisationsentwicklung und Prävention dazu beiträgt, dass sich derartiges Fehlverhalten nicht wiederholt und wir ein neues Kapitel unserer engagierten Jugendarbeit und unseres sehr erfolgreichen Modular Festivals beginnen können.“
Maßnahmen des BJRs und SJRs
Schon im Sommer 2023 waren auf Initiative der Vorsitzenden des SJR Augsburg zwei Projektgruppen gebildet worden, die seitdem intensiv an Konzepten zur Verbesserung arbeiteten. So wurde sich unter anderem mit einem verbesserten Beschwerde-Management für Mitarbeitende beschäftigt. Dabei galt als Ziel, eine dauerhaft verankerte Beschwerdestelle beim SJR einzurichten. Hierzu werden im Oktober 2024 für alle Mitarbeitenden verpflichtende Schulungen durchgeführt. Im Anschluss kann sich dort auf die Stelle im Beschwerdezentrum beworben werden, woraufhin weitere Qualifizierungen erfolgen.
Des Weiteren wurde unter Begleitung der BJR-Fachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt, Prätect, das bestehende Schutzkonzept für das Modular Festival überprüft und angepasst. Dazu gehört eine Meldekette, welche Personen bei Beschwerden zu informieren sind und wie mit Hierarchieebenen in Ehren- und Hauptamt umzugehen ist. Auch für ehrenamtliche Mitarbeitende soll ein solcher Leitfaden erarbeitet werden, der über die in Ausnahme zu gehenden Schritte auf dem Festival und die zu benachrichtigenden Personenkreise informiert.
Die Strukturen und Aufgabenverteilungen innerhalb des SJRs wurden ebenso ins Visier genommen, indem die Rollen sowie Verantwortungsbereiche geschärft wurden. Konkret bedeutet das eine Stärkung und Weiterqualifizierung des pädagogischen Fachpersonals im Rahmen des Awareness-Teams des Festivals sowie eine Kooperation mit externen Fachstellen. Erste Elemente konnten auch schon beim Modular 2024 umgesetzt werden.
Als weiterer Schritt ist im Herbst 2024 eine umfassende Befragung der Ehrenamtlichen des SJR Augsburg vorgesehen. Außerdem soll in der nächsten Sitzung der Projektgruppe „Schutzkonzept Modular“ die bereits erfolgten Maßnahmen im Detail vorgestellt und ausgewertet werden.
Rückblick: Das waren die Anschuldigungen 2023
Ihr habt nichts von den Vorwürfen 2023 gegenüber den Mitarbeitenden des SJR mitbekommen? Hier noch einmal die (aufgepasst!) nicht bestätigte Sachlage aus der Vergangenheit im Überblick:
Es war Dezember 2023 als der BR von einem ihm vorliegenden Schreiben berichtete, welches eine Vielzahl an Vorwürfen anführte. Demnach sei es auf dem Festival zu „unangemessenen Annäherungsversuchen, körperlichen Übergriffigkeiten, sexistischem Fehlverhalten, unangemessenen Angeboten, Machtmissbrauch und zur Kenntnis von Drogenkonsum“ gekommen. Auch „Bodyranking vor Zeugen“ sei genannt worden. Der SJR äußerte sich auf Anfrage der BR-Redaktion, dass es sich bei den Vorwürfen „im Wesentlichen“ um Bemerkungen handeln solle, die die Betroffenen als „übergriffig“ empfunden hätten. Als Beispiele wurden eine Bemerkung über das Körpergewicht sowie eine „nicht einvernehmliche Berührung an der Schulter“ angeführt. Anzeigen seien laut Augsburger Allgemeine nicht erstattet worden.