Erst vor wenigen Wochen stellten Bob und sein Team das Programm des diesjährigen „Sommer am Kiez“-Festivals vor – doch genau dieses sorgt nun für Aufsehen. Grund ist die kurzfristige Absage von „Drei Meter Feldweg“, welche ursprünglich den Auftakt zur deutschen Punk-Band „Die Kassierer“ gestalten sollte. Anstelle des Namens prangt auf den roten Plakaten im Stadtgebiet nun ein schwarzes Klebeband. Ein genauer Blick zeigt, dass weiter unten noch eine zweite Musikgruppe verdeckt wurde – obgleich diese auf dem Festival auftreten wird. Was also macht der Streifen darüber?
Fester Bestandteil des Stadtsommers
Das „Sommer am Kiez“ findet 2023 bereits zum siebten Mal in Augsburg statt und konnte sich über die Jahre hinweg einen Namen bis weit über die Grenzen der Stadt hinaus machen. Der Veranstalter ist Stefan Meitinger, besser bekannt als „Bob“, der mit seinen gleichnamigen Lokalen mittlerweile deutschlandweit Menschen erfreut. Das Festival beeindruckt stets mit einer großen Bandbreite verschiedener Musikgenres, welche von Rock über Metal bis hin zu Pop reicht. Die Konzerte finden traditionell auf dem Helmut-Haller-Platz in Oberhausen statt, doch in diesem Jahr wird als Start erstmals ein dreitägiger Auftakt auf dem Gaswerkgelände erfolgen. Weitere Informationen zu dem Programm findet ihr hier:
Die Begründung des Ausstiegs
Das Line-up stand fest, Plakate sowie Flyer waren gedruckt und verteilt, alle standen in den Startlöchern – doch dann eine unerwartete Wendung: Ende April teilte die Band „Drei Meter Feldweg“ ihre Absage auf Facebook mit. Grund sei ein Teil des Line-Ups, mit dem sie „schlichtweg nicht auf der gleichen Bühne stehen wollen“. Des Weiteren lautet es in der Nachricht: „Auch wenn es sich beim Sommer am Kiez um eine Reihe an unabhängigen Veranstaltungen handelt, fühlt es sich für uns falsch an, mit Bands, die sexistische, teilweise antisemitistische Texte und Verschwörungstheorien verbreiten, in einem Atemzug genannt zu werden und auf den gleichen Plakaten zu stehen.“ Auf Nachfrage der Augsburger Allgemeinen teilte das Management der Musikgruppe mit, dass sich die Mitglieder nicht weiter dazu äußern wollen. Die 2011 gegründete Punkrockband aus Salzhausen hätte ursprünglich am 8. Juli als Vorband für „Die Kassierer“ auf der Bühne gestanden. Ob es einen Ersatz geben wird, ist derzeit noch unklar.
Zwei Bands stehen in der Kritik
Bei der Stellungnahme wurden zwar keine konkreten Bands genannt, doch schnell kursierten erste Gerüchte und die Namen zweier Musikgruppen manifestierten sich. Zum einen handelt es sich um die Punkband „Unantastbar“ aus Südtirol, zum anderen um die Metal-Rockband „BRDigung“ aus Kempen.
Unantastbar – Die Vergangenheit ruhen lassen
„Unantastbar“ wurde im Jahr 2004 von fünf Freunden in Brixen gegründet. Die Band selbst bezeichnet ihre Musik als Punkrock, dessen Texte größtenteils autobiografische Themen behandle. Mit Alben wie „Leben Lieben Leiden“ (2018) und „Wellenbrecher“ (2020) schafften sie es bereits in die Top 5 der deutschen Albumcharts. Doch immer wieder sehen sich die Musiker mit Vorwürfen rechtsextremistischer Tendenzen konfrontiert, welche auf der ehemaligen Teilnahme des Sängers Joggls in einer Rechtsrock-Band gründen. Dieser spielte im Jugendalter als Schlagzeuger bei „Kaiserjäger“, welche sich im Januar 2001 nach einer Massenschlägerei bei einem ihrer Konzerte auflöste.
Trotz des Neustarts bei „Unantastbar“ sieht sich der Frontmann noch immer häufig mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Die Band wiederholte bereits mehrfach, sie würde politisch extremes Gedankengut ablehnen. Schlagzeuger Florian Wieser äußerte sein Bedauern gegenüber der HNA: „Es ist für uns als Band manchmal ein bisschen schade, dass wir uns da immer rechtfertigen müssen. Jeder, der Joggl heutzutage kennt, weiß, dass er sehr weit entfernt von rechtem Gedankengut ist.“ Stattdessen sei ihr Ziel, den Menschen mit der Musik ein gutes Lebensgefühl weiterzugeben.
BRDigung – Kein Blatt vor dem Mund
Bei „BRDigung“ handelt es sich um eine im Jahr 2004 gegründete Band, deren Musik aus einer Mischung von Punkrock, Metal und Rock entsteht. Der Augsburger Allgemeinen zufolge bezieht sich die Absage von „Drei Meter Feldweg“ wohl in erster Linie auf diese Metal-Rockband, welche am Vortrag des geplanten Auftrittes gespielt hätte. Dort stehen die Männer am 8. Juli dennoch auf der Bühne und werden unter anderem Songs ihres neuen Albums „Wieder hässlich“ präsentieren. Auf der Website beschreibt sich „BRDigung“ selbst mit den Worten: „Eine Band, die sich kompromisslos treu bleibt, immer wieder neu erfindet und nach wie vor auf politische Korrektheit und gesellschaftlichen Zeitgeist scheißt.“ Des Weiteren lautet es: „Und wo andere sich wegducken und Schönfärberei betreiben, haben BRDIGUNG keine Angst, hässlich zu sein und die Dinge beim Namen zu nennen.“
Kritiker:innen sehen in diesen Texten verschwörungsideologische Chiffren, die an antisemitische Argumentationsmuster anschließen. In ihrem 2014 veröffentlichten Song „NWO 2020“, dessen Titel bereits auf das Verschwörungsnarrativ der „Neuen Weltordnung“ hindeutet, heißt es: „Sie haben Pläne für mich, sie haben Pläne für Dich, und mit jeder neuen Impfung spritzen sie ihr Gift. Also kenne deine Feinde, sie sind näher, als man denkt, im September haben sie zwei Türme in New York gesprengt.“ Eine weitere Zeile, welche von manchen Hörern als fragwürdig empfunden wurde, folgt kurz darauf: „Keine Schranken für die Banken, freie Völker auf die Knie.“ Trotz vermehrter Kritik ließ die Band Anfragen bisher unbeantwortet und äußerte sich nicht zu den Vorwürfen.
Stellungnahme des Veranstalters
Stefan „Bob“ Meitinger äußert sich gegenüber der Augsburger Allgemeinen, man würde niemals bewusst eine Band einladen, die rechts, antisemitisch oder dergleichen ist. „Wir sind von solch einem Gedankengut meilenweit entfernt – jeder, der uns kennt, weiß das“, betont der Augsburger Gastronom. Dennoch könnten bei dem Buchen von Bands immer mal wieder Fehler passieren. Aus diesem Grund werde man versuchen, im kommenden Jahr noch intensiver zu möglichen Bands zu recherchieren. An dem Auftritt von „BRDigung“ halte man aber fest.