Die guten alten Zeiten?! – Kindheit früher vs. heute | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Ein bekanntes Sprichwort lautet „Früher war alles besser“. Oftmals wird dieses im Hinblick auf die Kindheit verwendet. Wie viel Wahrheit steckt in dem Satz? Und wie sehr hat sich Erziehung sowie Alltag in den vergangenen 70 Jahren verändert?

Die guten alten Zeiten?! – Kindheit früher vs. heute

Handy, Computer und Tablet – heute wird das Leben geprägt von der Digitalisierung und ein „Zurück“ ist unmöglich. Eine kleine Reise in die Vergangenheit entführt euch nun in eine Zeit, bevor die neuen Medien den Alltag bestimmten. Anschließend werdet ihr auf einem Zeitstrahl wieder zurück in die Gegenwart reisen. Viel Spaß!

Die Kindheit in den 1950ern

In den 1950er-Jahren war der Zweite Weltkrieg gerade erst vorüber und die Zeit des „Wirtschaftswunders“ startete in der Bundesrepublik Deutschland. Doch wie erlebten die Kinder diese Periode des Wiederaufbaus?

Ein Blick auf alte Familienfotos zeigt schnell, dass das behütete Einzelkind vor rund 70 Jahren eine Seltenheit darstellte. Stattdessen tummelten sich um die Eltern meist viele Kinder, die schon in jungen Jahren auf ihre Geschwister aufzupassen lernten. Die Haushierarchie in der jungen Bundesrepublik war unterdessen geprägt von den traditionellen Rollenbildern, die der Frau den Haushalt und dem Mann den Beruf zuschrieben. Daneben spielte auch die Kirche eine große Bedeutung im Alltag und gab die Idealbilder in vielen Lebensfeldern wie Familie, Sexualität und Bildung, aber auch für politische Entwürfe vor.

In der Schule hatten die Kinder still und schweigend zu sitzen, denn das Wort gehörte einzig und allein den Lehrer:innen. Indem Disziplin und kompromisslose Regeln an oberster Stelle standen, wurde der Ungehorsam von Schüler:innen mit harten Strafen geahndet. Schläge und Ohrfeigen waren sowohl im Unterricht als auch innerhalb der Familien keine Seltenheit.

Die Sicherheit der Kinder wurde früher auf die leichte Schulter genommen. In den Autos gab es keine Sicherheitsgurte, der Kinderschutz in Steckdosen fehlte und Medikamente ließen sich leicht öffnen. Kleine Kinder rasten auf Fahrrädern durch die Straßen – doch wer trug schon einen Helm? Beliebte Fahrzeuge waren außerdem selbstgebaute Seifenkisten, die oftmals keine Bremse besaßen.

Die Kinder verließen meist nach den Schularbeiten die Wohnung und verbrachten den ganzen Tag auf der Straße. Alltägliche Streitereien und Konflikte wurden untereinander geklärt, denn die Erwachsenen hielten sich aus diesen in der Regel heraus. Ebenso erfolgten Verabredungen nicht über die Eltern, sondern wurden untereinander in der Schule vereinbart oder man fand sich an bestimmten Treffpunkten. Da der Ballett-, Musik- und Sportunterricht den Wohlhabenden vorbehalten war, bolzten die Kinder auf der Straße und keine Mutter fuhr sie am Samstag zu einem Auswärtsspiel.

Der Sonntag war der einzig freie Tag der Woche und wurde meist mit der Familie verbracht. Da wurde sich dann für den gemeinsamen Spaziergang oder den Besuch der Kirche schick gemacht. Die Jungs hatten karierte Hemden und kurze Lederhosen an, während die Mädchen weiße Strümpfe, einen kurzen Rock sowie helle Lackschuhe trugen.

Die Kindheit in den 80ern

Die Kindheit in den 80er-Jahren ist mit der heutigen noch immer kaum zu vergleichen. Die Hierarchien innerhalb der Familie hielten weiterhin an den traditionellen Rollenbildern fest, obgleich in dieser Hinsicht die Zeit für einen Wandel gekommen war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konstituierte sich die Frauenbewegung in Deutschland nach verschiedenen Revolutions- und Bürgerrechtsbewegungen. Bis zur Gleichberechtigung sollte es jedoch noch ein langer Weg bleiben.

Das Wort innerhalb der Familien gehörte folglich weiterhin dem Mann, der auch an den Kindern ungestraft Hand anlegen durfte. In den Schulen war die Prügelstrafe ebenso eine verbreitete Erziehungsmaßnahme, bei der die Schläge mit einem Holzpaddel ausgeführt wurden. Auch der Besuch im Restaurant ist mit dem heutigen nicht zu vergleichen, denn bis zu dem erlassenen Verbot im Jahr 2007 war das Rauchen in Innenräumen noch die Regel. Die Kinder aßen also ihr Schnitzel in verqualmten Zimmern, während die Erwachsenen sich eine Zigarette nach der anderen ansteckten.

Ihr Freizeit verbrachten Kinder viel auf der Straße, spielten Fußball oder Fangen und ärgerten die Nachbarn durch Klingelstreiche. Doch während früher ausschließlich die Stimmen der Spielenden durch die Straßen hallten, so brachten die 80er-Jahre eine neue Erfindung mit sich: die Walkmans. Diese tragbaren Kassettenrecorder galten als revolutionär, da sich dadurch plötzlich überall Musik hören ließ. Kurz darauf folgte die Einführung der batteriebetriebenen Discmans, mit denen auch CDs unterwegs abgespielt werden konnten. Anfangs trafen diese Innovationen noch auf einigen Widerstand innerhalb der Bevölkerung, bei dem unter anderem die Konsumorientierung der Jugend, die zunehmende Isolation der Menschen sowie die Einschränkungen der Verkehrssicherheit kritisiert wurden. Trotzdem setzten sich die tragbaren Abspielgeräte durch und wurden weltweit zu einem beliebten Verkaufsprodukt.

Die Geschichte des Fernsehens erfuhr in Deutschland in den 80er-Jahren ebenso einen gravierenden Umbruch. Damals wurde die zuvor ausschließlich öffentlich-rechtliche Fernsehlandschaft nun auch für Privatsender freigegeben, wodurch sowohl Angebot als auch Sender deutlich breiter aufgestellt waren. Die Kinder schauten Serien wie „He-Man and the Master of the Universe“ und „Benjamin Blümchen“. Ein schwarz-weißes Rauschen auf den Röhrenfernseher war keine Seltenheit, denn das bedeutete den Sendeschluss für den jeweiligen Tag. Dann wurde der Strom abgeschaltet und sich anderen Aktivitäten gewidmet.

Die Kindheit der 2000er

Seit der Jahrhundertwende ist das Schlagen von Kindern in Deutschland verboten, doch das ist nicht der einzige Unterschied im Erziehungsstil. Mittlerweile sind meist beide Eltern berufstätig und doch haben sie einen größeren Einfluss auf den Alltag ihres Nachwuchses. Auf dem lückenlosen Terminkalender der Kleinen stehen Hobbys wie Fußball, Hockey oder Musikunterricht. Expert:innen beobachten außerdem besorgt das zunehmende Phänomen der Helikoptererziehung, bei der die Erwachsenen immer mehr die Bevormundung sowie Überwachung ihrer Kinder übernehmen. Gerade durch die Digitalisierung wird das in dem heutigen Zeitalter vereinfacht ermöglicht.

Daneben haben viele Eltern den Wunsch, dass ihr Sohn oder ihre Tochter später ein Gymnasium besuchen möge. Anstatt nach der Schule auf der Straße zu spielen, müssen viele Kinder den Nachmittag am Schreibtisch oder bei der Nachhilfe verbringen. Dadurch leiden sie oftmals schon früh unter enormem Leistungsdruck, der nicht selten psychische Folgen mit sich bringt. Einige Kinder nehmen aus diesem Grund eine Therapie in Anspruch, die von besorgten Eltern in die Wege geleitet wird.

Die weltweite Digitalisierung macht sich auch im Alltag der Kinder bemerkbar, indem das Internet schon in jungen Jahren zum täglichen Begleiter wird. Zahlreiche Studien wie die Blikk-, Jim- oder Kim-Studie belegen dessen negative Auswirkungen auf die Entwicklung, die sich sowohl in physischen als auch psychischen Aspekten zeige. Demnach führe der hohe Medienkonsum unter anderem zu Schlafstörungen und die mangelnde Bewegung fördere eine Tendenz zu Adipositas. Außerdem können mit einer übermäßigen Nutzung digitaler Medien weitere Begleiterkrankungen wie Konzentrationsstörungen, Depressionen und Angststörungen einhergehen. Trotz dieser Gefahren lässt sich im Lauf der voranschreitenden Digitalisierung eine immer engere Einflechtung dieser in die Alltagswelt kleinster Kinder erkennen.