Sexismus, ungleiche Bezahlung und Bevorzugung cis männlicher Künstler durch Geschlechterstereotype: Diese Faktoren und Ungleichheiten bestimmen nach wie vor die Kunstwelt. Das mehr*kollektiv hat es sich zur Aufgabe gemacht, eben diese zu bekämpfen. Das Kollektiv will gemeinsam eine offene und diverse Plattform für Flinta* Künstler:innen erschaffen und durch Workshops und Events Flinta* Künstler:innen ins Zentrum der Bühne und in das Scheinwerferlicht stellen.
Flinta* = Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen.
Das mehr*kollektiv steht für mehr Anerkennung, mehr Möglichkeiten und eine nachhaltige Veränderung der Kulturszene auch außerhalb der Stadtgrenzen.
Hallo Augsburg spricht mit Annina und Verena von dem mehr*kollektiv. Seit 2022 sind Verena und Annina bei mehr*kollektiv aktiv dabei. Beide sind im Vorstand des Vereins, aber arbeiten auch mit in den unterschiedlichen Untergruppen, über die sich das Kollektiv organisiert. Zum Beispiel engagiert sich Verena auch in der Social Media Öffentlichkeitsgruppe des Vereins und Annina hilft bei der organisatorischen Rundumplanung. Zudem hilft sie, neue Mitglieder ins Boot zu holen.
Hallo Augsburg: Wie begann euer Kampf für mehr Flinta*-Sichtbarkeit und gegen Gender-Stereotype?
Annina: Die vier Menschen, die unser Kollektiv gegründet haben, sind selber schon relativ lang im Kunstbereich aktiv gewesen und haben dann in ihrem eigenen Schaffen gemerkt, dass das eigentlich nach wie vor eine sehr cis Manner dominierte Szene ist. Die Gründungsmitglieder:innen haben gemerkt, dass Gleichberechtigung noch nicht so ein Thema ist und Flinta*-Personen wenig gesehen werden. Da hängen verschiedenste Sachen dran, beispielsweise wie viel Bezahlung man mit seiner Kunst bekommen kann, als queere oder Flintaperson.
Hallo Augsburg: Früher Mehrfrau-Kollektiv nun mehr*kollektiv. Was bedeutet die Namensgebung für euch?
Verena: Wir wollten mehr Diversität in unseren Namen haben und uns offener gestalten. Deshalb fanden wir, dass „Frau“ im alten Titel nicht mehr ganz passt, denn Flinta*-Menschen sind defacto ja nicht nur Frauen. Wir als Kollektiv wollen alle ansprechen, für die wir kollektiv queer-feministische Kunst und Kultur machen. Den Prozess, den wir mit vielen Workshops und gemeinsamen Überlegungen begleitet haben, hatte viele bürokratische Hürden, weil wir ja auch ein eingetragener Verein sind und viel mit dem Amtsgericht und über den Notar klären mussten.
Der Name Mehrfrau passt nicht mehr, denn wir sprechen ja nicht nur Frauen an.
Annina: Ich finde, dieser Prozess der Namensänderung zeigt eigentlich auch sehr schön, wie unser Kollektiv funktioniert: Wir nehmen uns die Zeit, in solche Prozesse zu gehen und auch uns selbst zu hinterfragen. Für uns ist Gleichberechtigung und Einbezug einfach extrem wichtig und das bedeutet auch immer weiter an sich selbst zu arbeiten.
Hallo Augsburg: Wer kann alles bei euch mitmachen und wie wird man ein Mitglied?
Verena: Im Prinzip kann jede Person mitmachen, die unsere Werte vertritt. Es gibt viele Wege, bei uns teilnehmen zu können. Auch wenn eine Person noch gar keine Erfahrung in dem Bereich hat oder nicht weiß welche Rolle sie im Kollektiv übernehmen will. Dann nehmen wir uns auch gerne Zeit für die Person und treffen uns auch schon eine halbe Stunde vor dem Gruppentreffen, um ins Gespräch zu kommen.
Jede*r ist willkommen!
Annina: Man kann uns einfach anschreiben. Jede*r ist willkommen! Über Social Media, wie Instagram oder Facebook, sind wir immer zu erreichen. Jeder ist herzlich eingeladen, einfach mal zu einem Treffen zu kommen. Wichtig ist uns nur, dass es vor allem darum geht, dass Flinta* die Kunst selbst machen kann. So kann vor der Kamera beispielsweise auch eine cis männlich Person mitspielen, aber klar ist: das Kunstschaffen liegt in den Händen von Flinta*-Personen.
Hallo Augsburg: Was sind die größten Hürden gegen eine gleichberechtigte Repräsentation in der Kunst?
Verena: Die kulturelle Landschaft reduziert Kunst und Personen immer noch auf ihre Geschlechtsmerkmale. Wir brauchen mehr Sensibilität für alle und sollten nicht nach dem Motto leben: „Es war schon immer so! So ist es doch gut, so kann es doch auch bleiben!“ Wichtig sind einfach die Augen öffnen und Verständnis für andere zeigen.
Annina: Ganz strukturell, was für uns immer wieder eine Hürde ist, dass wir super gerne einen eigenen Raum hätten. Mit einer festen Räumlichkeit könnten wir als festere Instanz in der Stadt zugänglicher sein. Aktuell haben war keinen festen Patz und müssen immer schauen, wo wir unser Plenumstreffen machen. Wenn es in Augsburg günstiger und zugänglicher wäre, sich versammeln zu können, würde das noch mehr Sichtbarkeit geben.
Hallo Augsburg: Noch ein letzter Aufruf an die Hallo Augsburg Leserschaft?
Verena: Wir freuen uns immer sehr über neue Mitglieder oder Interessierte