Der Augsburger Hauptbahnhof soll zur Mobilitätsdrehscheibe der Stadt werden und befindet sich nun schon seit über einem Jahrzehnt im Umbau. In diesem Zusammenhang geht auch die Umgestaltung des Bahnhofvorplatzes einher, denn dieser muss in Zukunft verschiedene Zwecke erfüllen. Zum einen soll eine erforderliche Verkehrsinfrastruktur verschiedener Komponenten (Busse, Taxis, Fahrräder, ...) geschaffen werden. Dabei müssen sowohl Stellplätze als auch Umsteigebeziehungen berücksichtigt werden. Zum anderen soll die Aufenthaltsqualität verbessert werden, wofür unter anderem eine große Anzahl an Baumbeständen vorgesehen ist.
Unstimmigkeiten bereits im vergangenen Jahr
Ursprünglich war geplant, den vitalen Baumbestand zu erhalten und bei der Neugestaltung des Bahnhofes miteinzubeziehen. Doch dieses Ziel stellte sich als nahezu unmöglich heraus. Bereits im Oktober vergangenen Jahres wurde über die Problematik diskutiert. Baureferent Gerd Merkle betonte zu diesem Zeitpunkt, dass keiner gerne Bäume opfere oder eine fahrlässige Rodung durchführen möchte, nur weil es einfacher wäre. Dennoch sei die Fällung einiger Bäume nötig, da durch deren Wurzelhub mögliche Gefahren sowie Einschränkungen für Personen mit Handicap entstünden. Des Weiteren erweise sich der Erhalt vieler Bäume als schwierig, da diese in den 80er Jahren gepflanzt und dadurch nicht sehr tief eingesetzt wurden. Die Gefahr, die Wurzeln bei den Bauarbeiten zu beschädigen, sei folglich nicht auszuschließen. Durch das Pflanzen neuer Bäume mit den heutigen Standards, wie Drainagerohren und Schutzkäfigen, könne man ideale Bedingungen für die Pflanzen schaffen und dadurch ein dauerhaftes Grün erhalten, dass auch zukünftige Generationen noch bewundern könnten, betonte unterdessen Umweltreferent Reiner Erben. Diese Neubepflanzung sei nicht nur für den Bahnhofsvorplatz, sondern auch für die Viktoria- und Bahnhofsstraße geplant.
Spagat zwischen Umbau und Umweltschutz
Der Bauausschuss hat nun die Verwaltung beauftragt, den Erhalt von den Baumbeständen nochmals intensiv zu prüfen. Diese Aufgabe haben die Gutachter des Büros TreeConsult & Partner übernommen, welche den Vitalitätszustand sowie eventuelle Vorschädigungen der Bäume auf dem Bahnhofsvorplatz Ost und im Umfeld (Viktoriastraße, Auftakt Bahnhofstraße) kontrolliert haben. Insgesamt wurden 44 Bäume erfasst, visuell untersucht und einzeln bewertet.
Wesentliche Ergebnisse sind:
Etwas mehr als ein Drittel der Bäume ist wenig (12 Bäume) oder nicht (drei Bäume) erhaltenswert
Elf Bäume werden als eingeschränkt erhaltenswert eingestuft
16 Bäume gelten als erhaltenswert, zwei davon sogar als sehr erhaltenswert
Das Gutachten enthält daneben auch eine Empfehlung für das weitere Vorgehen. Dabei wird eine Planung nahegelegt, die eine räumliche oder einzelbaumweise differenzierte Vorgehensweise unter Berücksichtigung des vorhandenen Baubestandes vorsieht. Außerdem solle die Möglichkeit des Baumerhalts hinsichtlich der technischen Umsetzbarkeit überprüft werden.
Weitere Schritte für ein optimales Vorgehen
Baureferent Steffen Kecher äußerte sich bereits zum weiteren Vorgehen: „Im nächsten Schritt soll die Überprüfung der vorliegenden Entwurfsplanung für die Neugestaltung des Bahnhofvorplatzes unter Berücksichtigung der gewonnen Erkenntnisse erfolgen.“ Dafür solle insbesondere der Fokus daraufgelegt werden, wie durch Optimierung an den Verkehrsanlagen aufgrund des zukünftig zu erwartenden Mobilitätsverhalten, Baumbestände erhalten werden könnten. Des Weiteren soll überlegt werden, ob auf der großen zentralen Platzfläche zusätzliche Baumstandorte sowie weitere Maßnahmen zur Klimaanpassung angeordnet werden könnten. Da sich der Bahnhofsvorplatz Ost einschließlich der Baumstandorte im Eigentum der DB Station & Service AG befindet, müssten diese erarbeiteten Vorschläge allerdings in enger Absprache mit der Deutschen Bahn erörtert werden.
Sind Planungen und Gespräche abgeschlossen, werden diese im Anschluss dem Bauausschuss vorgestellt. Dieser enthält dadurch eine Entscheidungsgrundlage, ob und in welchen Punkten die Entwurfsplanung für den Bahnhofsvorplatz Ost geändert werden soll. Der derzeitige Projektbeschluss bleibt so lange ausgesetzt.
Frühester Zeitpunkt der Neugestaltung
In den kommenden Jahren wird der Bahnhofsvorplatz vorerst noch als Baustellungseinrichtung benötigt. Denn zum einen sind die Stadtwerke nach wie vor mit der Fertigstellung des Straßenbahntunnels beschäftigt, zum anderen arbeitet die Deutsche Bahn noch an der Sanierung des südlichen Tunnels. Auch für die Erneuerung der Bahnsteigdächer sowie zur Abwicklung der notwendigen Verkehrsbeziehungen, wird der Bahnhofsvorplatz in Zukunft gebraucht. Durch diese Umstände könnte daher mit der Neugestaltung frühestens 2028 / 2029 begonnen werden.