Es ist ein wunderschöner Sonntag und Familie Werner überlegt sich, gemeinsam mit den zwei Kindern ein Restaurant zu besuchen. „Das wäre doch mal wieder schön“, schwärmt Mutter Susanne. Sie und ihr Mann Torben haben beide eine feste Stelle. Er arbeitet als Elektroniker in einer Firma, sie selbst ist Lehrerin an der Realschule. Seit Susanne ihre zwei kleinen Töchter hat, reduzierte sie ihre Stunden und arbeitet nun Teilzeit.
Mit einem kleinen Haus nahe der Innenstadt ist die Familie gut bedient. Bei den Einkäufen achtet die Mutter auf gute Qualität und Regionalität, in den Ferien bereist sie gerne mit ihren Liebsten andere Länder. Sorgen um das Geld musste sich das Paar selten machen, trotzdem schlucken sie nun bei den Preisen auf den Speisekarten. „Ein Restaurantbesuch kostet mittlerweile schon nahezu so viel wie früher noch ein ganzer Wochenendausflug“, klagt Torben und auch Susanne wirkt nicht glücklich. Am Ende gibt es schließlich doch nur wieder die Spaghetti mit Pesto in den eigenen vier Wänden.
Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel
Der Grund für die angestiegenen Preise in der Gastronomie ist auf die seit 1. Januar 2024 erhöhte Mehrwertsteuer zurückzuführen. Seither liegt diese wieder auf 19 Prozent, dem ursprünglichen Wert von vor der Corona Pandemie. Im Juli 2020 war der Steuersatz von der Ampelregierung auf sieben Prozent gesenkt worden, um die Branche in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen. Angedacht war die Maßnahme einst bis Dezember 2022, doch wurde die Senkung aufgrund der folgenden Energiekrise bis Ende 2023 verlängert.
Die Thematik ist ziemlich komplex, denn innerhalb der Gastronomiebetriebe werden verschiedene Steuerbelastungen veranschlagt. Bei Restaurants, Bars, Cafés und Kantinen gilt gewöhnlich der Wert von 19 Prozent. Imbisse, Wurstbuden sowie Foodtrucks haben dagegen weiterhin nur sieben Prozent zu beziffern. Der Unterschied liegt hier in konkreten „Vorzügen des Gastes“. Stehen beispielsweise Sitzmöglichkeiten zur Verfügung, wird das Essen auf zu reinigenden Tellern serviert und gibt es einen Service durch Mitarbeiter, handelt es sich um eine höher besteuerte Restaurant-Dienstleistung. Essen in Buden, ohne Stühle und auf einem Einwegteller, ist dagegen eine Warenlieferung, die mit einem niedrigeren Steuersatz belangt wird.
Es sind nicht nur die Kunden, wie Familie Werner, die unter den gehobenen Steuersätzen leiden. Auch die Restaurantbesitzer hatten gerade zu Beginn des Jahres große Bedenken. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA warnte zuletzt vor einer Pleitewelle. Kritiker stellten demgegenüber Rechnungen vor, die im Falle einer dauerhaften Reduzierung auf Steuerverluste in Milliardenhöhe hinwiesen.
Drei Statements von Augsburger Gastronomen
In Augsburg blicken die Gastronomen ebenfalls besorgt auf die Erhöhung und damit einhergehenden Folgen. Wir haben euch von drei bekannten Gesichtern ein Statement eingeholt:
Riegele Wirtshaus: Bedeutung der Gastronomie für die Gesellschaft
Das Riegele Wirtshaus ist bekannt für seine bayerischen Spezialitäten. Diese könnt ihr dort in einem traditionellen Ambiente genießen. Doch damit nicht genug: Direkt angrenzend befindet sich auch die Brauerei, in der frisches Bier von bester Qualität hergestellt wird. Geschäftsführer Sebastian Priller-Riegele äußerte sich mit folgenden Worten zum Vorhaben der Ampelregierung:
„Für viele Gastronomen bedeutet die Steuererhöhung eine erhebliche Belastung – sie haben ohnehin mit gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreisen zu kämpfen und müssen fürchten, dass weniger Gäste kommen, wenn der Restaurantbesuch für viele zum Luxusgut wird. Vielleicht wird es auch Betriebsschließungen geben und das ist sehr schade – denn die Gastronomie ist aus meiner Sicht viel mehr als Essen und Trinken. Sie fördert den Austausch, das gesellschaftliche Miteinander, bringt Menschen zusammen und dient als Klammer für eine Gesellschaft. Und das ist jetzt wichtiger denn je.“
Auch das Riegele Wirtshaus werde die Mehrbelastung durch die Mehrwertsteuer weitergeben müssen und könne dabei nur auf das Verständnis der Kunden hoffen.
maximilian°s: Exzellenter Service und hochwertige Produkte
Das maxmilian°s ist nicht nur als prachtvolles Hotel bekannt, sondern ebenso für sein exklusives Restaurant. Auf der Speisekarte findet ihr neben täglich wechselnden Gerichten ebenso eine feste „best urban kitchen“-Auswahl. Hier könnt ihr zwischen verschiedenen Vorspeisen, Salaten und Suppen sowie Pasta, Risotto, Fleisch- und Fischgerichten wählen. Verschiedene Desserts runden den Restaurantbesuch ab. Das Gesicht hinter dem Luxushotel ist Theodor Gandenheimer. Auch er äußert sich auf Anfrage unserer Redaktion zur Erhöhung der Mehrwertsteuer:
„Aufgrund der gestiegenen Mehrwertsteuer mussten wir unsere Speisekarte anpassen. Der Preis des Wiener Schnitzels ist beispielsweise von 30 auf 33 Euro angestiegen, während die Getränkepreise unverändert bleiben. Wir hoffen, dass unsere Gäste die Qualität der Küche und des Services zu schätzen wissen. Unsere Preise sind sorgfältig kalkuliert, um exzellenten Service und hochwertige Produkte zu gewährleisten.“
Gasthaus Settele: Alarmierendes politisches Signal und falsche Unterstützung
Beim Gasthaus Settele in Haunstetten trifft Tradition auf Moderne. Und das nicht nur bei der Speisekarte, auf der neben traditionellen bayerischen Gerichten ebenso Kreationen wie Fisch-Curry mit Garnelen, Seeteufel und Lachs mit Zuckerschoten sowie Gemüsereis stehen. Selbst im Ambiente spiegelt sich der Visionsgedanke wider, indem mit Gaststube, Kaminzimmer, der Tafel sowie „dem blauen Salon“ verschiedene Geschmäcker angesprochen werden. Besitzer Stefan Settele steht dem Rückgang der Mehrwertsteuer zum Vor-Corona-Wert kritisch gegenüber:
„Ich finde das politische Signal alarmierend, da man in Deutschland offenbar lediglich Imbisse, Takeaway und Fast Food unterstützt. Sollen die Deutschen etwa so Essen? Ein Restaurant, in dem Gäste sich hinsetzen und bedienen lassen können, wird unterdessen nicht begünstigt. Im Moment scheint es, als solle ein solcher Besuch zum Luxus werden. Das finde ich politisch sehr fragwürdig.“
Langfristige Auswirkungen auf die Gastrobranche
Familie Werner muss schon jetzt auf den ein oder anderen Restaurantbesuch verzichten. Und sie sind nicht die Einzigen: Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur kam zu dem Ergebnis, dass rund 44 Prozent der Befragten nach der Erhöhung ihr Verhalten mit Blick auf Restaurantbesuche ändern wollen. 68 Prozent davon planen seltener Essen gehen und 25 Prozent sogar ganz darauf verzichten. Welche Auswirkungen dies auf die Gastrobranche und damit auch auf das Angebot im Standort Augsburg haben wird? Das bleibt in den kommenden Monaten abzuwarten. Doch wir werden euch auf dem Laufenden halten.