Ungewöhnliche Berufe: Im Gespräch mit einem Aasforscher

In unserer neuen Reihe „ungewöhnliche Berufe“ werden wir mit Menschen sprechen, die Berufe ausüben, die kaum bekannt oder in Vergessenheit geraten sind. Heute: Was macht eigentlich ein Aasforscher?

Ungewöhnliche Berufe: Im Gespräch mit einem Aasforscher

Unser erster Gesprächspartner hat einen ganz besonderen Arbeitsalltag: Er forscht an Tierkadavern. Was sich im ersten Moment eklig anhört, entpuppt sich schnell als hochkomplexes und spannendes Forschungsfeld. Wir sprechen mit Doktor Christian von Hoermann, der im Bayerwald als Aasforscher arbeitet.

Was ist die Aufgabe eines Aasforschers?

Der Aasforscher versucht zu verstehen, wie sich ein sterbendes Lebewesen nach seinem Tod auf die Umgebung auswirkt.

„Auch bei rechtsmedizinischen Untersuchungen steht der Aasforscher beratend zur Seite.“ -Doktor Christian von Hoermann

Dafür begleitet er einen Tierkadaver bis zu einem Monat nach dem Tod und beprobt diesen in regelmäßigen Abständen. Später publiziert er seine Ergebnisse in Fachjournalen und gibt Auskünfte wie jetzt gerade.

Was ist das Erste, das Sie an einem Arbeitstag tun?

Ich richte meinen Utensilien-Eimer (siehe nachstehendes Bild) her und kontrolliere, ob alles vorhanden, beziehungsweise aktualisiert ist. Dann geht es in den Wald zum ersten ausgelegten Tier.

Wie kam es, dass Sie Aasforscher geworden sind?

Ein Türöffnungsfall bei der Freiwilligen Feuerwehr in Diedorf bei Augsburg hat mein wissenschaftliches Interesse geweckt.

„Die Erklärung lässt das Entsetzen schwinden.“-Dr. Christian von Hoermann

Ich brauchte eine sinnvolle Erklärung für die sichtbaren Todeszeichen an einem toten Körper. Erst die wissenschaftliche Erklärung nimmt einem die Angst vor dem eigenen Ende – zumindest sehe ich das so.

Was macht Ihre Arbeit für Sie so spannend?

Das interessante ist, dass es nach dem Tod nicht endet. Im Gegenteil, es ist die Geburtsstunde für zahlreiche Generationen an Mikroben, Insekten und Wirbeltieren.

„Das Leben blüht durch den Tod erst richtig auf.“ -Doktor Christian von Hoermann

Für mich kann nichts spannender sein als die Beschäftigung mit dem eigenen Ende, auf das wir zwangsläufig alle zusteuern. Spannend bleibt die Arbeit immer, da sich niemals zwei Organismen exakt gleich zersetzen. Das ist sehr faszinierend!

Welche Eigenschaften und Fähigkeiten brauchen Sie bei Ihrer Arbeit?

Man muss sehr geruchstolerant sein. An den beißenden Verwesungsgeruch wird man sich nie richtig gewöhnen. Was evolutiv auch sinnvoll ist, denn der Tod in der Nähe heißt nichts Gutes. Eine sehr gute Beobachtungsgabe und der Blick für Details sind wichtig in unserem Job. Außerdem Ausgeglichenheit, Wetterfestigkeit, psychische Stabilität und medizinische Kenntnisse, wie zum Beispiel Anatomie, Thanatologie und Tierphysiologie.

Die verrückteste Situation während dem Job?

Ich hatte einmal eine Situation, in der ich fast losgeheult hätte. Damals hat sich nach einer Duftbeprobung der Beutel mit sämtlichen Zersetzungsflüssigkeiten schlagartig geöffnet und ist mir um die Ohren geflogen. Ein ganz normaler Tag im Büro …

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