Riss – Eine Zeitung für die Straße

Wir wollen Euch eine Augsburger Zeitung vorstellen, die soziale Themen aufgreift und mit dem Verkauf Benachteiligten hilft und sie integriert: der Riss.

Riss – Eine Zeitung für die Straße

„Ist es richtig, dass ich darüber entscheide, wem ich Geld gebe und wem nicht?“

Die Wahrnehmung von Obdachlosen in unserer Gesellschaft ist unglaublich gegensätzlich: Auf der einen Seite sind sie extrem sichtbar und vor allem in großen Städten allgegenwärtig, auf der anderen Seite eine Art blinder Fleck. Viele denken nicht besonders gerne über diese Mitmenschen nach, denn tut man das, stellen sich unangenehme Fragen: „Kann ich einfach so an jemandem vorbeigehen, dem es so viel schlechter geht als mir? Ist es richtig, dass ich darüber entscheide, wem ich Geld gebe und helfe und wem nicht?“.

Eine Zeitung, die ihren Namen von der gesellschaftlichen Kluft zwischen Arm und Reich, aber auch vom Bruch in der Biografie vieler Obdachloser hat, ist der Riss – Augsburgs Zeitung für soziale Themen. Und die Zeitung leistet noch mehr, als sich mit Benachteiligten auseinander zu setzen: sie setzt sich für sie ein und arbeitet mit ihnen zusammen. Der Riss verfolgt zwei Grundideen: Obdachlosen durch den Verkauf eine Alternative zum Betteln zu geben und gleichzeitig soziale Themen aufzugreifen. So wir Betroffenen geholfen und gleichzeitig eine Lobby für sie geschaffen, um auf die Probleme aufmerksam zu machen.

Die Geschichte hinter der Zeitung

1994 verkaufen Obdachlose zum ersten Mal die Münchner Straßenzeitung „BISS – Bürger in sozialen Schwierigkeiten“ in Augsburg. Schon bald ist klar, dass die Augsburger LeserInnen Informationen aus der eigenen Stadt wollen. München ist zu weit weg, in Augsburg gibt es eigene Probleme und Obdachlose und auch andere Hilfestellen. So organisieren Sozialarbeiter der Wärmestube im Februar 1995 das erste Redaktions-Treffen und schon Ende März ist es soweit: die erste acht Seiten starke Auflage geht in den Schnelldruck. Seitdem erscheint die Zeitung im Schnitt alle zwei bis drei Monate.

Herausgegeben wird sie heute vom Verein „Tür an Tür – miteinander wohnen und leben e.V.“. Die Redaktion besteht aus Obdachlosen, Arbeitslosen, Fotografen, Sozialhilfeempfängern, Journalistinnen, Sozialarbeitern und vielen weiteren unterschiedlichsten ehrenamtlichen Helferinnen – auf honorarfreier Basis. Verdienen sollen allein die VerkäuferInnen, nur ein kleiner Erlös wird für die Druckkosten verwendet.

Wer kann den Riss nun verkaufen?

Viele identifizieren sich mit der Zeitung.

Wer den Riss verkaufen will, bekommt einen Verkäufer-Ausweis mit Foto und holt sich Zeitungen in der Wärmestube. Die Riss-VerkäuferInnen müssen sich an Regeln halten: Sie dürfen keine Passanten belästigen, nicht betrunken verkaufen und die Zeitung nicht an andere VerkäuferInnen gegen Aufpreis weiterverkaufen. Probleme und Regelbrüche gab es bisher kaum, denn viele identifizieren sich mit der Zeitung und arbeiten selbst als Redakteure.

Momentan besteht die Redaktion aus rund zehn Leuten, die sich einmal pro Ausgabe treffen. Die Herausgeber der Zeitung würden gerne in eine intensivere Zusammenarbeit mit den Obdachlosen treten und ihnen beispielsweise Schulungen oder Kurse in einer Schreibwerkstatt anbieten. Da die Redaktion und die Produktion jedoch komplett ehrenamtlich laufen, ist es schwierig, weitere Maßnahmen anzubieten. Neue SchreiberInnen und jegliche Unterstützung sind deshalb immer willkommen.

…die Chance, etwas Geld und Selbstwertgefühl zu gewinnen.

Wenn Du das nächste mal Riss-VerkäuferInnen siehst, kannst Du Dir sicher sein, eine absolut sinnvolle Sache zu unterstützen. Mit dem Kauf der Zeitschrift gibst du dem oder der Obdachlosen die Chance, etwas Geld und Selbstwertgefühl zu gewinnen. Einige der VerkäuferInnen freuen sich vielleicht auf über ein kurzes Gespräch oder einen Kaffee – es gibt etliche Wege, zu helfen.

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