In ihrer Eröffnung stellte Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber vor, dass sich in der Fuggerstadt schon einiges für die queere Community tut. Besonders Sicherheit und Sichtbarkeit seien dabei wichtige Themen. Seit 2022 gibt es den „Queeren Tisch“ und bald sollen auch queere Räume in Augsburg kommen. Die Landingpage der Stadt wurde mit dem Thema „Queer“ ergänzt. Wichtige Schnittstellen für den Wandel sind die Zentrale Antidiskriminierungsstelle und die Gleichstellungsstelle. Der Tenor von offizieller Seite der Stadt war hier deutlich formuliert: Auch wenn sich schon einiges tut, es braucht Unterstützung, Vernetzung und Verständnis.
Das queere Augsburg in der Geschichte
Einen interessanten Einblick in die Historie gaben Irene Löffler vom Vorstand LSVD Bayern e. V. und Franz Stockmeier vom AWO-Zentrum für Aidsarbeit Schwaben. Stockmeier erzählte im Rahmen des Vortrags seine persönliche Geschichte. Von Flaschen und Dosen, die bei den ersten CSD-Demos in den Siebzigern auf ihn geworfen wurden. Von einem Patienten in seinem Zivildienst, der nicht von einer „HIV-Schwuchtel“ angefasst werden wollte. Von aggressiven Polizeirazzien. Mit Blick auf seine Geschichte und nach der Corona-Pandemie ist er aber positiv gestimmt. „Es freut mich, dass sich alle wieder zusammenreißen und zusammenhalten.“
Löffler, die sich mit der Geschichte der queeren Frauen in Augsburg beschäftigt, zeigte die Entwicklungen hier auf. Denn gerade in der Geschichte sind die Frauen eher unsichtbar. Und doch waren es vor allem Lesben, die in Augsburg Einrichtungen wie das Frauenhaus oder den Frauennotruf initiiert haben. Ihr Appell am Ende des Beitrags, der mit großem Applaus empfangen wurde: „Ich wünsche mir eine Gedenktafel an die hingerichteten Homosexuellen in Augsburg. Genau hier im Rathaus.“
Augsburg queer gedacht
Den Abschluss bildete eine Diskussionsrunde zur Bedeutung des Begriffs Community für queere Menschen in Augsburg, die Sichtbarkeit und die Utopie, die sich die Diskutierenden wünschen würden. Schnell wurde klar: Die eine queere Community gibt es nicht. Es gibt keine absolut definierbaren Gemeinsamkeiten, denn die Szene ist in sich zu divers. Sandra Eck von der Beratungsstelle lebis ist sich aber sicher, dass es gerade das Outing-Thema ist, das die Menschen in der Community miteinander verbindet. „Viele verstehen nicht, wie anstrengend es ist, sich nicht zu outen“, sagt sie. Und dabei gehe es nicht um das große Outing, sondern um Alltagssituationen. Etwa wenn eine Person in einer homosexuellen Beziehung ist, dann könne diese nicht einfach vom gemeinsamen Wochenende am Badesee erzählen. Stattdessen müsse sie sich aus der Situation winden und Geschichten erfinden.
Auch bei der Frage, wie sichtbar queere Menschen in Augsburg zurzeit sind, finden sie klare Worte. „Wie man es macht, macht man es falsch“, bringt es Bernhard Offenberger, Pfarrer in St. Ulrich und Gründer von Queere Christ*innen, auf den Punkt. Entweder man zeige anderen vermeintlich zu viel oder erhält den Vorwurf, dass man etwas nicht verstecken brauche. Als Pfarrer sieht er auch das Spannungsfeld Glaube und eigene Identität. Denn oft werden queere Personen aller Konfessionen hier vor eine vermeintlich unvereinbare Wahl gestellt.
Auch das Thema Rechtfertigung spielt in die Sichtbarkeit mit hinein. Nontira Kigle von der Gruppe L*AUX stört besonders, dass queere Personen gleich wie über ein Label definiert werden. „Ich bin nicht nur meine Sexualität. Das geht auch niemanden etwas an. Ich bin so viel mehr“, kritisiert sie. Dass gerade der öffentliche Blick auf queere Menschen auch belasten kann, weiß Robin Scheerbaum, Schirmperson des CSD. „Je ‚sichtbarer‘ ich als Mann geworden bin, desto unsichtbarer wollte ich werden“, fasst er zusammen.
Was ist also ihr Wunsch für eine besseres und queeres Augsburg? Johann Adelhardt-Blaschke von der Beratungsstelle SchwubiS richtet bei dieser Frage eine große Bitte an das Plenum: „Wir brauchen verlässliche Verweisungen.“ In seiner Beratungsarbeit sei er viel mit queeren Menschen in Augsburg in Kontakt und es brauche mehr verlässliche Kontakte. Er wünscht sich dabei Ärzt:innen genauso wie Beamt:innen bei Behörden, die sich in der queeren Thematik auskennen und an die er Hilfesuchende „guten Gewissens“ verweisen kann. Auch die anderen Teilnehmer:innen schließen sich dem an. Ihre Forderung für ein queeres Augsburg: Ausgebildete Expert:innen, verlässliche und klar definierte Unterstützung sowie eine Normalität und Akzeptanz in der Gesellschaft.