Männerhilfetelefon Augsburg: Nachfrage von Anfang an hoch

Seit einem Jahr gibt es eine bundesweite Hotline, die von Gewalt betroffenen Männern offensteht. Augsburg ist eine von drei Städten, die das Männerhilfetelefon betreut.

Männerhilfetelefon Augsburg: Nachfrage von Anfang an hoch

Am 19. April 2020 starteten Bayern und Nordrhein-Westfalen ein gemeinsames, einzigartiges Projekt: Ein Hilfetelefon für von Gewalt betroffene Männer. Die Telefonnummer 0800 123 99 00 verbindet seither Männer mit der Beratungsstelle „man-o-mann männerberatung“ in Bielefeld, NRW oder mit „Via - Wege aus der Gewalt“ in Augsburg. Nach einem Jahr zeigt die Evaluation des Projekts: Der Bedarf ist groß und das Angebot muss ausgeweitet werden. Wie arbeitet die Augsburger Beratungsstelle und wie sieht ihre Arbeit am Männerhilfetelefon aus? Wir haben nachgefragt.

Trotz Tabu und Stigmatisierung: Männer suchen Hilfe

„Männliche Gewaltopfer sind in der Gesellschaft meist noch ein Tabuthema“, weiß Birgit Gaile, Fachbereichsleitung Gender der Beratungsstelle „Via - Wege aus der Gewalt“. Trotz des Tabus sei die Nachfrage am Hilfetelefon von Anfang an hoch gewesen, erzählt sie. „Und entgegen den Befürchtungen, dass sich Männer keine Hilfe suchen würden.“

Was sind die Gründe aus denen Männer sich melden?

„Männer rufen meist in einer akuten Notsituation bei uns an“, erzählt Birgit Gaile. Auch aufgrund von Gewalterfahrungen, die noch nicht verarbeitet sind, greifen Männer zum Hilfetelefon. Für die meisten ein großer Schritt: „Gewaltbetroffene Männer berichteten an der Hotline oftmals erstmalig von der erlittenen Gewalt“, sagt sie. Dabei ginge es um ein breites Spektrum von Übergriffen, darunter häusliche und sexualisierte Gewalt, Misshandlungen in der Kindheit, Mobbing am Arbeitsplatz, Zwangsverheiratung und (Cyber-)Stalking.

Was bekommen die Hilfesuchenden über die Hotline?

Zunächst bräuchten viele Männer jemanden, der ihnen zuhört und dem sie vertrauen können, weiß Birgit Gaile. „Die meisten Männer meinten bisher, die Gewalterfahrungen mit sich selbst ausmachen zu müssen“, erzählt sie. Im nächsten Schritt beraten die Fachkräfte des Teams zum Schutz vor erneuter Gewalt, geben (rechtliche) Informationen weiter und falls gewünscht, vermitteln sie in das regionale Hilfesystem: zu Familienberatungsstellen, Eheberatungsstellen, Männerschutzwohnungen oder Ähnlichem. Außerdem erhielten die Männer gesundheitsbezogene Unterstützung und psychosoziale Beratung.

Das Männerhilfetelefon soll bekannter werden

Da das Modellprojekt den Bedarf gezeigt hat, sollen die Sprechzeiten des Hilfetelefons nun verlängert und Personal aufgestockt werden, wie auf der gemeinsamen Pressekonferenz von Bayern und Nordrhein-Westfalen beschlossen wurde. Darüber sind hinaus eine Social-Media-Kampagne und eine Online-Beratung mit Chatfunktion geplant. Außerdem soll das Angebot auch auf andere Bundesländer ausgeweitet werden. Als neuer Partner im Projekt Männerhilfetelefon hinzugekommen, ist kürzlich Baden-Württemberg mit zwei weiteren Beratungsstellen.

„Gewalt gegen Männer ist nach wie vor ein Tabu. Stigmatisierung und Schamgefühle tragen oft dazu bei, dass das Thema noch unzureichend beachtet wird. Dabei gilt: Gewalt jeglicher Art, auch gegen Männer, muss öffentlich sichtbar gemacht und angegangen werden.“

- Manne Lucha, Minister für Soziales und Integration in Baden-Württemberg

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