Kaum ein Tag vergeht, an dem die Letzte Generation nicht durch spektakuläre Aktionen die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Dabei blockieren sie Straßen, werfen Kartoffelpüree auf Gemälde oder legen Flughäfen lahm – und das alles für ihr Ziel: Die Welt vor dem Untergang zu retten.
Allgemeine Informationen über die Gruppierung
Die „Letzte Generation“ ist ein Bündnis von Aktivist:innen aus der Umweltschutzbewegung, das sich im Jahr 2021 nach einem siebenwöchigen Hungerstreik in Berlin formierte. Durch die Verweigerung der Nahrungsaufnahme wollten die Klimakämpfer:innen ein persönliches Treffen mit den damaligen Kanzlerkandidat:innen erreichen. Der Protest zeigte Erfolg, denn Olaf Scholz stimmte schließlich einem Gespräch nach der Wahl zu.
Eine genaue Anzahl der Mitglieder:innen lässt sich nicht bestimmen. Laut Informationen des Bundeskriminalamts (BKA) handelt es sich (Stand: April 2023) um rund 740 Personen, die bisher polizeilich im Kontext der Letzten Generation in Erscheinung getreten sind. Dabei ließ sich feststellen, dass die Aktivist:innen zum Teil große Strecken zu den Protestaktionen anreisen.
Die Mitglieder:innen sorgen durch ihre Projekte regelmäßig für Schlagzeilen, denn sie verstoßen oftmals auf ungewöhnliche Weise gegen Regeln, um dadurch Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu generieren. So kleben sie sich auf Straßen oder Autobahnen fest, färben Denkmäler mit Farbe ein und verunreinigen Kunstwerke in Museen mit Nahrungsmitteln. Außerdem organisieren sie Protestmärsche in verschiedenen Städten.
Insgesamt halten die Aktivist:innen die Bundesregierung dazu an, mehr gegen den Klimawandel zu unternehmen, um so den schlimmsten Folgen der globalen Erderwärmung vorzubeugen. Konkret fordert das Bündnis derzeit ein Tempolimit von 100 Kilometer pro Stunde auf deutschen Autobahnen sowie die Einführung eines dauerhaften Neun-Euro-Tickets.
Auf der Website der Gruppierung heißt es: „Wir sind die Letzte Generation, die den Kollaps unserer Gesellschaft noch aufhalten kann.“ Dieser Annahme nachgehend, seien die Aktivist:innen auch bereit hohe Gebühren, Straftatvorwürfe und Freiheitsentzug hinzunehmen. Daher werden sie in Aktionsschulungen auf den Ernstfall vorbereitet. Die Wirtschaftspsychologin Maria-Christina Nimmerfroh hat an solchen Trainings teilgenommen und gegenüber der Frankfurter Neuen Presse ihre Erfahrungen geschildert. Sie berichtet, dass die Moderator:innen eine hohe Priorität auf der Gewaltlosigkeit setzen. Dabei sollen sich die Aktivist:innen bei Protesten weder wehren noch zurückschreien. Außerdem werde das Begehen von Straftaten oder das Absitzen von Gefängnisstrafen für den Klimawandel normalisiert. In den Augen der Wirtschaftspsychologin sei dies „ethisch fragwürdig“.
In der Gesellschaft stoßen die Aktionen der letzten Generation überwiegend auf Unverständnis. Bei einer Umfrage des Portals „ statista.de” im November 2022 erachteten rund 81 Prozent der Befragten die Protestweise der Gruppierung als „falsch“. Auch andere Bewegungen distanzierten sich bereits öffentlich von der Letzten Generation. Annika Rittmann, eine Sprecherin von Fridays for Future, sagte im April: „Die Klimakrise braucht gesamtgesellschaftliche Lösungen und die finden und erstreiten wir nur gemeinsam und nicht, indem wir Menschen im Alltag gegeneinander aufbringen.“ Trotz der Kritik führt die Letzte Generation ihre Protestaktionen weiterhin fort und listet auf ihrer Website einen Vorgehensplan für das Jahr 2023 auf.
Letzte Generation: Der Bezug zu Augsburg
In Augsburg fand bisher erst eine Aktion der Letzten Generation statt: Am 30. Juni 2023 klebten sich Aktivist:innen auf die Fahrbahn der Schaetzlerstraße und blockierten dadurch für mehrere Stunden den Verkehr. Doch warum gab es keine weiteren Proteste in der Stadt?
Erklären lässt sich dieses Ausbleiben durch den Aufbau der Gruppierung. Anders als Organisationen wie Fridays for Future mit Greta Thunberg sowie Luisa Neubauer als prominente Gesichter und Hauptorganisatoren, ist die Letzte Generation von Grund auf anders aufgebaut. Diese setzt sich aus in ganz Deutschland verteilten Gruppen zusammen, die immer wieder unabhängig voneinander Aktionen durchführen. Eine solche Ortsgruppe hat sich in Augsburg bisher noch nicht gefunden.
Dennoch lässt sich zu der Gruppierung ein enger Bezug zur Fuggerstadt herstellen: Ingo Blechschmidt. Sein Name fällt meist nicht weit entfernt von Klimaschutzthemen, denn der Aktivist beteiligte sich bereits an zahlreichen Protestaktionen und befand sich dadurch schon einige Male vor Gericht. Außerdem gilt er als Mitbegründer des Augsburger Klimacamps, das seit dem 1. Juli 2020 besteht und die Bekämpfung der Klimakrise fordert.
Die enge Bindung von Ingo Blechschmidt zur Letzten Generation lässt sich durch einen Blick in das Impressum der Website erkennen, denn dort steht sein Name aufgelistet. Somit wird er zum Verantwortlichen für die geteilten Inhalte. Dies war auch der Grund, weshalb bei dem 23-jährige Aktivist vergangenen Mai eineRazzia stattgefunden hat. Der Vorwurf lautete, dass die Letzte Generation eine „kriminelle Vereinigung“ sei, die regelmäßig Straftaten begehe. Gegenüber dem BR24 betonte Blechschmidt dagegen, dass seine Rolle bei der Gruppierung lediglich der Telefondienst sei. Neben seiner Arbeit als Aktivist ist Ingo Blechschmidt Doktor der Mathematik an der Universität Augsburg und arbeitet im Moment an seiner Habilitation. Doch kann man das zeitlich schaffen? Gegenüber Focus Online berichtet er: „Mir kamen schon mathematische Einfälle, als ich zur Verteidigung eines Walds in einem Baumhaus war und auf die Räumung durch das SEK wartete.“