Wieso das US-Abtreibungs-Urteil nicht „pro life“ ist

In den USA werden Abtreibungen in vielen Staaten nun verboten. Das ist ein Angriff auf die körperliche und sexuelle Selbstbestimmung von Frauen. Und Sex ohne Kinderwunsch wird damit wieder zur Klassenfrage.

Wieso das US-Abtreibungs-Urteil nicht „pro life“ ist

Seit 50 Jahren haben die vereinigten Staaten ein äußerst liberales Abtreibungsrecht. Jede Frau kann ihre Schwangerschaft bis zur 24. Woche beenden. Dieses Recht hat der Supreme Court nun gekippt. Mit fünf zu vier Stimmen votierte die konservative Richtermehrheit, das Grundsatzurteil Roe v. Wade aus dem Jahr 1973 zurückzunehmen.

Damit überlässt der Oberste Gerichtshof es wieder den einzelnen Bundesstaaten, Schwangerschaftsabbrüche gesetzlich zu regeln. Manchmal sogar in Fällen von Vergewaltigung. Einige haben bereits weitreichende Verbote erlassen. Binnen einer Stunde nach der Entscheidung waren in Missouri, Louisiana, South Dakota und Kentucky, Schwangerschaftsabbrüche verboten. Kurz darauf folgten Alabama, Arkansas und Utah.

Frauen verlieren Recht auf Selbstbestimmung

Das Urteil ist ein gewaltiger Rückschritt. Es bedeutet, dass Frauen weniger Rechte haben als ihre Mütter, Großmütter und teils auch ihre Urgroßmütter. In welcher Welt leben wir, dass sich Personen erlauben, über den Körper anderer Menschen zu entscheiden und ihnen die Selbstbestimmung und Freiheit nehmen?

Verbot verhindert keine Abtreibungen

Man kann Abtreibungen aus allerlei Gründen befürworten oder ablehnen. Aber die Realität ist nun einmal, dass ein Verbot nicht alle Abbrüche verhindert, sondern sie zunächst nur gefährlicher macht. Denn Frauen, die eine Schwangerschaft beenden wollen, finden einen Weg. Aber nicht jede hat die finanziellen Mittel, um in einen anderen Bundestaat zu reisen. Daher wird die Zahl der illegalen Abtreibungen steigen. Jedes Jahr sterben weltweit zehntausende Frauen bei oder an den Folgen illegaler Schwangerschaftsabbrüche.

Schwangerschaftsabbruch auch bei Vergewaltigung illegal

Stellen wir uns einmal dieses grausame Szenario vor: Eine Frau wird vergewaltigt und ist unter Umständen per Gesetz dazu gezwungen, dieses Kind auszutragen– auch, wenn es sich um Inzest handelt. Ihr einziger Ausweg: Ihr Leben bei einer illegalen Abtreibung riskieren. Schwangerschaftsabbrüche werden nicht durchgeführt, um Leben zu töten!

Die letzte Entscheidung muss daher bei den betroffenen Frauen liegen und es muss legale, medizinisch sichere Wege für eine Abtreibung geben.

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