Der Lech hat aktuell 15 Grad, doch das hält die Kanut:innen nicht davon ab, sich in das eiskalte Wasser zu stürzen. Die Vorfreude ist groß, denn das Wetter verspricht an den kommenden Tagen warme Temperaturen und strahlenden Sonnenschein. Die perfekten Voraussetzungen für den Auftakt zum ersten Weltcup der Saison 2023. Bereits im vergangenen Jahr wurde die Augsburger Kanustrecke der Schauplatz eines sportlichen Highlights: Internationale Spitzenathlet:innen traten bei der Kanuslalom-Weltmeisterschaft gegeneinander an und sorgten durch ihren Kampfgeist für unvergessliche Erinnerungen.
Der Weltcup und die Disziplinen
Der Kanuslalom-Weltcup ist eine von der International Canoe Federation (ICF) veranstaltete Rennserie im Kanuslalom. Diese wird in verschiedenen Disziplinen ausgerichtet, bei denen Damen und Herren separat voneinander antreten. Seit 1988 paddeln die Athlet:innen sowohl in Kajaks als auch Canadiern die Slalomstrecken, welche in kürzester Zeit und möglichst fehlerfrei zu bewältigen sind. Neben diesen Einzel-Kämpfen wird das Programm in diesem Jahr um das Kajak-Cross erweitert, bei dem die Sportler:innen direkte Zweikämpfe zu den anderen Fahrer:innen austragen.
Unterschied von Kajak und Canadier
Die beiden Bootsgattungen Kajak und Canadier werden im Rennsport mit dem Überbegriff „Kanu“ zusammengefasst. Diese unterschieden sich in folgenden Aspekten: Im Kajak sitzt der oder die Fahrer:in in einem geschlossenen Boot und hat ein Doppelpaddel in der Hand. Zudem kann durch einen Stab zwischen den Füßen eine Steuerflosse am Heck des Bootes betätigt werden. Im Canadier agiert der oder die Sportler:in kniend mit einem Stechpaddel. Durch eine besondere Schlagtechnik kann der oder die Kanut:in die ganze Zeit das Paddel nur auf einer Seite des Bootes durchziehen und trotzdem geradeaus fahren.
Das Ziel beim Einzel-Slalom
Die Einzelrennen finden auf einer Strecke von rund 350 Metern statt, auf der 18 bis 25 Tore verteilt sind, die entsprechend ihrer Nummerierung zu durchfahren sind. Die Farben entscheiden, ob diese mit oder gegen die Strömung zu passieren sind. Die Strecke muss möglichst schnell, aber zugleich auch ohne Fehler gemeistert werden. Für eine kurze Berührung einer der Stangen oder gar der Auslassung eines ganzen Tores werden sofort Strafsekunden verhängt.
Kajak-Cross als neue Disziplin
Kajak-Cross ist eine relativ junge Sportart, bei der vier Sportler:innen gleichzeitig in ein Kopf-an-Kopf-Rennen gehen. Über eine Rampe rutschen die Boote in das Wildwasser und jede:r Kanut:in versucht, die schnellste Linie zu finden und sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Bei diesem Kampf dürfen die Torstangen straffrei berührt werden.
Schön und schwer: Kanustrecke am Eiskanal
Im Juli 2019 wurde der Eiskanal als Einzelprojekt des Augsburger Wassermanagement-Systems in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen. Modelliert wurde die weltweit erste künstliche Kanuslalomstrecke zur Austragung der Olympischen Spiele 1972 und wird auch heute noch für internationale Wettbewerbe genutzt. Die Anlage unterlag ab dem Jahr 2020 einer Gesamtsanierung, die bis zur Weltmeisterschaft im Sommer 2022 abgeschlossen war.
Der Eiskanal ist eine Wildwasserstrecke und erlangt dadurch seine Einzigartigkeit. Anders als bei anderen Kanuslalomstrecken wurden bei dem Bau keine Plastikbausätze verwendet, sondern durch Betonhöcker die dem Wildwasser schon eigenen Kehrwässer, Walzen sowie Schnellen erzeugt. Dadurch können die Streckenverhältnisse nur bedingt beeinflusst werden und sind stattdessen abhängig von dem Wasserstand des Lechs. Dies kann gerade internationale Athlet:innen vor Schwierigkeiten stellen, wenn diese nicht so vertraut mit der Anlage sind und sich der Wasserlauf als unberechenbar herausstellt. Stefanie Korn, Kanu Athletin des CC Brescia und Kanu Schwaben Augsburg, erklärt: „Der Eiskanal ist nie gleich. Immer wieder sind neue Walzen zu finden, die vorher noch nicht da waren. Dadurch muss man immer unglaublich schnell reagieren können.“ Trotz dieser schweren Bedingungen liebe sie diese Strecke aufgrund der zu beweisenden Flexibilität sowie der tollen Atmosphäre unter den Bäumen des Siebentischwaldes.
Die Timeline für das Wochenende
In Augsburg findet der Weltcup von Donnerstag, den 1. Juni, bis Sonntag, den 4. Juni, statt und eröffnet damit die Wettkampfsaison 2023. Ein Überblick über das Programm:
Donnerstag, den 1. Juni – Qualifikationsrunden
14 bis 18 Uhr: Qualifikation Kajak Damen und Herren
Freitag, den 2. Juni – Kajak-Einzel-Slalom
08.15 bis 11.30 Uhr: Qualifikation Canadier Damen & Herren
14 bis 15 Uhr: Semifinale Kajak Damen
15.05 bis 16.25 Uhr: Semifinale Kajak Herren
16.45 bis 17.20 Uhr: Finale Kajak Damen
17.25 bis 18.00 Uhr: Finale Kajak Herren
Samstag, den 3. Juni – Canadier-Einzel-Slalom
09 bis 10 Uhr: Semifinale Canadier Damen
10.05 bis 11.05 Uhr: Semifinale Canadier Herren
11.30 bis 12.05 Uhr: Finale Canadier Damen
12.10 bis 12.45 Uhr: Finale Canadier Herren
Sonntag, den 4. Juni – Kajak-Cross-Rennen
09 bis 10.30 Uhr: Kajak-Cross Zeitläufe Damen & Herren: Qualifikation für die Kopf-an-Kopf-Rennen
11.15 bis 12.03 Uhr: Kajak-Cross Heats Damen & Herren
12.15 bis 13.30 Uhr: Kajak-Cross Viertel- und Halbfinals Damen & Herren
13.55 bis 13.41 Uhr: Kajak-Cross Finale Damen
13.42 bis 13.48 Uhr: Kajak-Cross Finale Herren
Die Teilnehmenden der Augsburger Vereine
Bei dem ICF-Weltcup werden 240 Sportler:innen aus 43 Nationen von fünf Kontinenten gegeneinander antreten. Auch der Augsburger Kajak-Verein (AKV) sowie Kanu Schwaben Augsburg (KSA) schicken insgesamt vier Athlet:innen in das Rennen.
Elena Lilik – Zweimal am Start
Elena Lilik ist im Alter von acht Jahren in den KSA eingetreten und noch immer ein Mitglied des Vereins. Bei dem Worldcup paddelt sie als Doppelstarterin im Kajak-Einer (K1) und Canadier-Einer (C1). Sie gewann bereits bei zwei Europameisterschaften eine bronzene Medaille und auch bei den Weltmeisterschaften 2021 konnte sich über verschiedene Auszeichnungen freuen. Seit 2017 gehört Elena der Bundeswehr an.
Noah Hegge – Junger Erfolg
Noah Hegge steht am Wochenende im Kajak-Einer (K1) am Start und ist ebenfalls Mitglied des KSA. Mit acht Jahren stieg er in den Kanusport ein und folgte damit dem Vorbild seiner Brüder. Bereits im Jugendalter gewann Noah zahlreiche Preise und erklomm stetig weiter die Leiter des Erfolges. Sowohl bei den Deutschen als auch den Welt- sowie Europameisterschaften erhielt der Sportler bereits mehrfach goldene Medaillen.
Hannes Aigner – Familie und Wettkämpfe
Im Alter von sechs Jahren begann Hannes Aigner bei dem AKV das Kajak fahren und ist dem Verein bis heute treu geblieben. Er gewann in seiner Laufbahn zahlreiche Medaillen bei den Welt- sowie Europameisterschaften und nahm zweimal bei den Olympischen Spielen teil. Trotz ein paar persönlicher Veränderungen, nämlich zwei kleiner Kinder zuhause, nimmt der Augsburger noch immer an Wettkämpfen teil. Bei dem Weltcup wird er im Kajak-Einzel (K1) antreten.
Sideris Tasiadis – Teilnehmer bei Olympia
Der Augsburger Sideris Tasiadis kann bereits auf eine lange Liste an Erfolgen zurückblicken: Drei Mal nahm er an den Olympischen Spielen Teil, gewann goldene Medaillen bei den Welt- und Europameisterschaften und stand auch bei dem Weltcup schon mehrfach am Start. Am Wochenende wird er für den KSA im Canadier-Einzel (C1) paddeln. Außerhalb des Sportes ist der 34-Jährige ein Polizeibeamter.
Weitere Kanu-Events in Augsburg
Für viele der Sportler:innen geht es nach dem Wettkampf in Augsburg direkt weiter zu dem Kanuslalom-Weltcup in Prag. Doch schon das Wochenende vom 10. bis 11. Juni ist am Eiskanal wieder ein Spektakel geboten, denn da finden die Wildwasser-Sprint-Weltmeisterschaften 2023 statt. Bei diesen sind auf der Strecke keine Tore zu finden, stattdessen kommt es allein darauf an, möglichst schnell das Ziel zu erreichen. Dabei muss genaustens auf die Strömung und Bewegung des Wassers eingegangen werden – denn jede Sekunde zählt!