Die Boote schaukeln leicht auf dem klaren Wasser des Stadtgrabens. Vögel zwitschern und Blätter rascheln leise in der kühlen Brise. Die Kahnfahrt ist eine kleine Idylle mitten in der hektischen Großstadt, die bereits auf eine 147 Jahre lange Tradition zurückblicken kann. Neben dem Bootsverleih, der sowohl Ruder- als auch Elektroboote umfasst, gibt es zudem ein Restaurant auf dem Gelände.
Wie das Unheil in die Kahnfahrt kam
Die Kahnfahrt wurde mit den Jahren zu einer Augsburger Institution, um die wir nun jedoch bangen müssen. Begonnen hat die Tragödie bereits vergangenes Jahr: Bei einer turnusgemäßen Kontrolle des Lokals bemerkte die Feuerwehr, dass ein zweiter Fluchtweg fehlt. Daraufhin schaute man bei der Stadt in den Unterlagen nach und stellte fest, dass das Gebäude an der Stadtmauer ein Schwarzbau ist. Vor wenigen Tagen musste Betreiber Bela Balogh einen weiteren Schlag einstecken, denn er erhielt von dem Bauamt eine Nutzungsuntersagung für das Gastro-Gebäude. Seitens der Stadt war man bemüht, die Lage zu beruhigen. Ziel ist es derzeit, den Betrieb der Außengastronomie und des Bootsverleihs ab 1. April diesen Jahres zu ermöglichen. „Wir sprechen intensiv mit allen Beteiligten und ich bin insgesamt sehr zuversichtlich“, betont Wirtschaftsreferent Dr. Wolfgang Hübschle. Dieser Optimismus wird von Betreiber Balogh nur bedingt geteilt. „Ohne den Innenbereich kann ich keine Reservierungen für Hochzeiten, Taufen oder Geburtstage annehmen“, erklärt er gegenüber der Augsburger Allgemeinen. Doch gerade solche Veranstaltungen würden einen Großteil des Umsatzes ausmachen. Sollte er gezwungen sein das Gebäude abzureißen, bedeute dies das Ende für die Kahnfahrt. „Zwei Jahre Corona stecken uns noch immer in den Knochen“, erklärt Balogh bedrückt.
Schwarzbau blieb Jahrzehnte unbemerkt
Der ganze Streit wirft jedoch auch Fragen auf: Bela Balogh ist zwar der Betreiber der Kahnfahrt, doch Vermieter des Geländes ist die Liegenschaftsverwaltung der Stadt, der offenbar jahrzehntelang nicht auffiel, dass es sich bei dem Gebäude um einen Schwarzbau handelt. Wer trägt nun also die Verantwortung für den Bau? Das scheint aktuell noch strittig zu sein. Laut Augsburger Allgemeinen verweist die Stadt darauf, dass seitens der Betreiber gewisse Investitionen auf dem vermieteten Gelände getätigt worden seien. Darauf wird auch im Pachtvertrag hingewiesen, der sich aber gleichzeitig so verstehen lässt, dass die Gebäude (auch der Schwarzbau) Teil des Mietverhältnisses sind. „Wenn ich ein Haus miete und es nicht den Vorschriften entspricht, ist das als Mieter ja nicht mein Bier“, betont Balogh. Ein großes Problem ist, dass es für Schwarzbauten keine Verjährungsfrist gibt. Zwar kann die zuständige Bauordnungsbehörde nicht automatisch einen Abriss anordnen, trotzdem muss gehandelt werden. Wie die Zukunft des Gebäudes aussehen wird, ist derzeit noch ungewiss.
Die Zukunft bleibt offen
Aus der Stadtpolitik war zu langfristigen Perspektiven derzeit noch nichts zu hören. Vorrang habe jetzt in erster Linie das Brandschutzthema, so die Stadt, damit am 1. April geöffnet werden kann. Auch vor dem Hintergrund der baulichen Veränderungen in der Vergangenheit, die seitens des Pächters erfolgten, sei für die Innengastronomie keine kurzfristige Lösung möglich. Stattdessen müsse man nach jetzigem Stand für die Zeit ab 2024 mit einer Neuplanung der Augsburger Kahnfahrt rechnen.