Zwischen Schimpansen und Reptilien: Interview mit Tierpflegerin des Augsburger Zoos

Justine ist 20 Jahre alt und hat vor wenigen Wochen ihre Ausbildung zur Tierpflegerin abgeschlossen. Nun arbeitet sie im Augsburger Zoo in dem Revier der Menschenaffen und Reptilien. Ist das nicht gefährlich?

Zwischen Schimpansen und Reptilien: Interview mit Tierpflegerin des Augsburger Zoos

Löwen, Hyänen, Pinguine und Pfeilgiftfrösche – ein Tierpark beherbergt zahlreiche Lebewesen, die einem in Deutschland sonst nicht begegnen würden. Viele davon sind giftig oder gefährlich – manche auch beides zusammen – doch trotzdem verspürt die junge Tierpflegerin Justine keine Angst. Im Laufe ihrer Ausbildung konnte sie bereits alle Bewohner des Augsburger Zoos kennenlernen und spricht nun mit uns über ihre Erfahrungen.

Hallo Augsburg: Wie bist du zu dem Beruf gekommen?

Justine: Ich wusste schon immer, dass die Büroarbeit nicht meine Welt ist. Dann habe ich ein Praktikum im Tierheim gemacht und das hat mir bereits gut gefallen. Nachdem ich daraufhin in einige Zoos reinschnupperte und die Tierpfleger:innen bei ihrer Arbeit begleitete, war mir sofort klar: Das ist mein Traumberuf und dem will ich bis zur Rente nachgehen.

Hallo Augsburg: Was liebst du an deinem Beruf?

„Die Tiere sind jeden Tag anders drauf, deshalb muss man lernen, sie lesen zu können.“

Justine: Die Abwechslung. Die Tiere benehmen sich immer unterschiedlich und nicht selten gibt es auch Streitigkeiten innerhalb der Gruppen. Um eine Lösung zu finden, muss ich oftmals ein wenig um die Ecke denken und kreativ werden. Dabei gibt es bei den Tieren nicht immer dieses Schwarz-Weiß-Denken. Stattdessen muss man lernen, auf ihre individuellen Bedürfnisse einzugehen.

Hallo Augsburg: Wie lange dauert die Ausbildung und wie sieht diese aus?

Justine: Die Ausbildung dauert insgesamt drei Jahre und beinhaltet pro Lehrjahr jeweils zehn Wochen Berufsschule in Triesdorf. Dort treffen Tierpfleger:innen aus ganz Bayern aufeinander, sodass wir uns über unsere Erfahrungen austauschen konnten. Die restliche Zeit verbringt man im Betrieb und wird vor Ort an die Hand genommen. Dabei wird das Revier stets nach rund sechs bis acht Wochen gewechselt, sodass nach der Ausbildung der gesamte Zoo bekannt ist. Im Anschluss kann man demnach überall im Tierpark eingesetzt werden.

Hallo Augsburg: Welche Fähigkeiten sollte man für den Beruf mitbringen?

„Der Beruf ist mehr als nur Tiere streicheln und füttern.“

Justine: Ein großer Teil des Berufs ist auf jeden Fall körperliche Arbeit, weshalb die entsprechenden Voraussetzungen dafür die Grundlage darstellen. Daneben sollte man außerdem die Begeisterung für die Tiere sowie genug Einfühlungsvermögen mitbringen. Letzteres sehe ich mehr als Prozess, denn im Laufe der Arbeit lernt man, die Tiere besser zu verstehen.

Hallo Augsburg: Für welche Tiere bist du aktuell verantwortlich?

Justine: Im Moment bin ich für unsere drei Schimpansen und alle Reptilien verantwortlich. Darunter fallen beispielsweise die großen Sporenschildkröten, die Königs- sowie Baumpythons und die kleinen Geckos und Warane. Hinter den Kulissen finden zudem die ganzen Nachzuchten statt, um die wir uns ebenfalls kümmern.

Hallo Augsburg: War das dein Wunschrevier?

Justine: Mein erster Besuch bei den Schimpansen war auf jeden Fall einfach Liebe auf den ersten Blick. Bei den Reptilien wurde ich mit so viel Überzeugung und Leidenschaft angelernt, dass ich schließlich gar nicht anders konnte, als sie auch in mein Herz zu schließen.

Hallo Augsburg: Wie lange dauert es, bis man auf ein Tier eingestellt ist?

Justine: Das kommt natürlich sehr auf das Tier an. Gerade bei den Schimpansen dauert das jahrelang, denn man muss sich ähnlich wie bei Menschen erst ihr Vertrauen aufbauen. Da sie sehr schlaue Tiere sind, testen sie gerne die Grenzen aus. Deshalb sollte man gerade am Anfang klarstellen, dass man nicht alles mich sich machen lässt. Bei Huftieren besteht natürlich auch eine Eingewöhnungsphase, doch ich würde sagen, dass man nach rund einem Jahr bereits gut auf diese Tiere eingestellt ist.

Hallo Augsburg: Hast du auch eine persönliche Bindung zu den Tieren entwickelt?

„Den Beruf kann man nicht machen, ohne eine Bindung zu den Tieren aufzubauen.“

Justine: Da es sich um einen Pflegeberuf handelt, sind auf jeden Fall viele Emotionen an die Arbeit gebunden. Manchmal nehme ich da auch mal etwas mit nach Hause. Zudem geht es mir natürlich sehr nahe, wenn Tiere abgegeben werden oder versterben.

Hallo Augsburg: Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Justine: Am Morgen geht der erste Blick zu den Tieren und wir prüfen: Ist in der Nacht etwas vorgefallen? Sehen alle gesund aus? Sind bei den Reptilien alle da? Danach beginnen meist schon die Putzarbeiten: Bei den Schimpansen spritzen wir die Nachtboxen aus und säubern die Außenanlagen, während wir bei den Reptilien die Scheiben putzen und die Pflanzen befeuchten. Danach fangen wir mit dem Futterschneiden an und tauen zugleich die Mäuse und Küken für die Schlangen auf. Zwischendurch basteln wir außerdem Spielzeuge für die Tiere oder verbringen Zeit mit ihnen. Gerade bei den Menschenaffen ist eine solche Nähe sehr wichtig.

Hallo Augsburg: Gibt es eine Anekdote aus deinem Berufsalltag?

Justine: Als ich am Anfang als „Fremde“ bei den Schimpansen war, fanden die drei das nicht so cool. Gerade Nicki war sehr skeptisch und hat mir immer nur den Rücken zugedreht, wenn ich ihr etwas geben wollte. Sie ist da ein ziemliches Charaktertier und haut auch gerne mal mit den Fäusten auf, um ihr Missfallen zu äußern. Daneben spritzt sie die Leute gerne mit ihrem Tee nass und hat dabei immer super viel Spaß.

Hallo Augsburg: Bist du im Zuge der Arbeit schonmal in eine gefährliche Situation geraten?

Justine: Es ist natürlich nicht ungefährlich mit Raubtieren oder Menschenaffen zu arbeiten. Doch wir haben spezielle Sicherheitssysteme, die bedrohliche Situationen nahezu unmöglich machen. Dabei sind beispielsweise die Schimpansen aufgrund ihrer Kraft und Intelligenz mitunter am höchsten eingestuft, sodass der direkte Kontakt immer nur durch ein Gitter getrennt erfolgt.

Hallo Augsburg: Hast du selber Haustiere und wie gehen sie mit den zahlreichen Gerüchen um?

Justine: Ich habe leider keine. Aktuell spiele ich aber mit dem Gedanken, mir ein Terrarium zu kaufen – mit der Reptilienliebe hat man mich hier einfach angesteckt. Und um noch auf die Gerüche einzugehen: Das merken die Tiere schon. Komme ich beispielsweise zu Freunden, dann beschnuppern deren Hunde meist ausgiebig meine Schuhe. Einmal war ich auch im Zoo erst bei den Raubtieren und anschließend bei den Erdmännchen. Diese hatten an dem Tag ganz besonders viel Respekt vor mir und haben alle einen großen Abstand eingehalten.

Hallo Augsburg: An dem Konzept „Zoo“ wird häufig Kritik ausgeübt. Was sagst du dazu?

„Ein Zoo ist die einzige Möglichkeit, die Tiere auch in der Zukunft zu erhalten.“

Justine: Meiner Meinung nach beschäftigen sich viele Leute nicht intensiv genug mit dem Thema. Natürlich wäre es am schönsten, wenn die Tiere draußen in ihrem natürlichen Vorkommen leben könnten. Aber das ist schlichtweg nicht möglich, denn sie werden gewildert und ihr Lebensraum wird zerstört. Ich sehe den Zoo deshalb als einzige Möglichkeit an, diese Arten auch in Zukunft noch zu erhalten.

Hallo Augsburg: Wenn du ein Tier aus dem Zoo sein könntest, welches wärst du am liebsten?

Justine: Das ist eine gute Frage. (lacht) Wahrscheinlich ein Seehund, denn deren Leben sieht gerade im Sommer immer sehr entspannt aus. Außerdem würde ich gerne so gut tauchen können.

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