Mit voller Kraft voraus: Kanuslalom-Weltcupsieger Sideris Tasiadis im Interview

Seine Disziplin ist der Canadier und sein Element das Wasser: Sideris Tasiadis hat bei dem Slalom Weltcup in Augsburg am vergangenen Wochenende die Goldmedaille gewonnen. Im Interview spricht er über den Erfolg, das Training und seine Ziele.

Mit voller Kraft voraus: Kanuslalom-Weltcupsieger Sideris Tasiadis im Interview

Kein Wasser ist ihm zu kalt, keine Herausforderung zu groß. Sideris paddelt seit er zehn Jahre alt ist und gewann bereits zahlreiche Medaillen bei den Welt- sowie Europameisterschaften. Außerdem nahm er bereits dreimal bei den Olympischen Spielen teil, bei denen er zuletzt den dritten Platz erreichte. Zum Kanusport kam der Augsburger über seinen Grundschullehrer am St. Anna, der schon damals den Kampfgeist und Siegeswillen des kleinen Jungen sah.

Hallo Augsburg: Was liebst du am Kanusport?

Sideris: Eigentlich alles. (lacht) Beim Kanusport muss man lernen das Wasser zu lesen, um die Ideallinie zu finden. Ich liebe das Gefühl, bei einem Rennen mit dem Element eins zu werden. Außerdem lernt man die Wahrnehmung der eigenen Körpersprache und wie man diese für sich selbst nutzen kann.

Hallo Augsburg: Warum hast du dich für die Canadier-Disziplin entschieden?

Sideris: Als Schüler bin ich sowohl Kajak als auch Canadier gefahren, doch im Jugendalter spezialisiert man sich dann auf eine Disziplin. Mein Trainer hat damals die Entscheidung getroffen, da er bei mir im Canadier größeres Potenzial gesehen hat. Dadurch konnte ich mich darauf konzentrieren und hatte am Ende bessere Chancen in das Nationalteam zu kommen.

Hallo Augsburg: Wie würdest du dein Gefühl während eines Rennens beschreiben?

Sideris: Schon kurz vor dem Rennen bin ich wie in einem Tunnel und kriege von dem Geschehen um mich herum eigentlich nichts mehr mit. Das Umfeld und die Stimmung nehme ich nur im Vorfeld wahr, während auf dem Wasser alles dumpf und weit weg zu sein scheint. Dann denke ich eigentlich nicht mehr viel, sondern alles läuft automatisiert ab.

Hallo Augsburg: Was machst du, wenn dir ein Fehler passiert?

Sideris: Dadurch verlasse ich meist den Tunnel für einen Augenblick und versuche noch mehr aus mir herauszukommen. Dann gehe ich allerdings meist mehr Risiken ein und weitere Fehler passieren. (lacht)

Hallo Augsburg: Gab es im Lauf deiner Karriere Momente im Wasser, in denen du richtig Angst hattest?

Sideris: Klar, besonders als ich mit dem Kanusport angefangen habe. Damals war ich noch Schüler und hatte überhaupt keine Erfahrungen. Wenn dann eine schnelle Stromschnelle gekommen ist und mich runtergezogen hat, konnte ich das Boot kaum beherrschen.

Hallo Augsburg: Wie sieht dein Trainingsplan aus?

Sideris: Ich trainiere zwei- bis dreimal am Tag und das an sechs Tagen der Woche. Am Vormittag bin ich erst 90 Minuten auf dem Wasser und anschließend 75 Minuten lang im Kraftraum. Da mach ich Maximalkraft- oder Rumpftraining. Am Nachmittag trainiere ich nochmal rund eine Stunde draußen im Canadier.

Hallo Augsburg: Neben dem Kanusport bist du Polizist. Wie funktioniert das mit der Zeit?

Sideris: Ich habe meine Ausbildung bei dem Sportförderprogramm der Polizei gemacht, sodass ich derzeit von dem Beruf freigestellt bin. Stattdessen ist es mein Job, ins Training zu gehen und bei Wettkämpfen regelmäßig Erfolge zu erzielen. Außerdem muss ich bei der Polizei jährlich mindestens vier Wochen lang Dienst ableisten.

Hallo Augsburg: Bereits vergangenes Jahr hat in Augsburg die Weltmeisterschaft stattgefunden. Wie war deine Erwartungshaltung angesichts dessen für diesen Weltcup?

„Ich wollte mein Bestes zeigen, um nicht an meiner Lieblings- und Heimstrecke geschlagen zu werden.“

Sideris: Die Erwartungshaltungen waren auf jeden Fall hoch – und zwar nicht nur meine eigenen. Ich wollte möglichst ungeschlagen auf meiner Heimstrecke bleiben und auch von außen wurde gesagt, dass ich das doch easy schaffen sollte. Dabei ist es schon eine Herausforderung, die Leistung aus dem vergangenen Jahr nach der langen Zeit nochmal zu zeigen. Doch den Erwartungen wurde ich wohl gerecht. (lacht)

Hallo Augsburg: Würdest du sagen, dass du auf der Strecke einen Heimvorteil hast?

Sideris: Davon kann man schon sprechen. Wie die Strecke gestern ausgehangen ist, war schon tückisch und nicht ganz einfach – auch für mich nicht. Das Wasser hat sehr schnell gewechselt, was typisch für den Augsburger Eiskanal ist. Ich wusste, dass ich eine minimal andere Linie fahren muss, um weiterhin auf der Ideallinie zu bleiben. Die anderen Athleten hatten dieses Mal nur vier Trainingseinheiten auf der Strecke, wodurch sie diese nicht so gut kennenlernen konnten.

Hallo Augsburg: Nach einem fehlerfreien Lauf hast du bei dem Weltcup gestern eine Goldmedaille bekommen. Wie zufrieden bist du?

Sideris: Ich bin sehr stolz, diese Leistung beim Weltcup abgerufen haben zu können. Gestern bin ich so runtergefahren, wie ich es mir vorgestellt habe. Diese Form möchte ich jetzt möglichst bis zur Weltmeisterschaft im September halten.

Hallo Augsburg: Hast du dann im Anschluss an deinen Sieg noch gefeiert?

Sideris: Der Veranstalter hat gestern ein paar Bier und etwas zu Essen bereitgestellt, sodass ich hier gemeinsam mit dem Fanclub auf den Erfolg anstoßen konnte. Das fand ich echt schön.

Hallo Augsburg: Im Rahmen des Weltcups hat dieses Wochenende auch die neue Disziplin „Kajak Cross“ stattgefunden. Was ist deine Meinung dazu?

Sideris: Für mich ist das eine eigenständige Sportart. Vier Athleten fahren in einem Kopf-an-Kopf-Rennen auf der Strecke, während sie sich gegenseitig ausbremsen können. Die Tore sind außerdem deutlich größer, dürfen berührt und auch weggeschlagen werden. Optisch ist für die Zuschauer da natürlich mehr geboten als beim Slalom, denn da ist das Ziel möglichst schnell und ohne Fehler zu fahren. Das sieht dann meist sehr ähnlich aus. (lacht)

Hallo Augsburg: Was sind deine Wettkampfziele für das Jahr 2023?

Sideris: Mein erstes Ziel ist bereits geschafft, denn ich wollte bei dem Weltcup hier in Augsburg eine sehr gute Leistung abliefern. Außerdem bin ich schon sehr gespannt auf die European Games in Krakau, denn da sind wir dieses Jahr zum ersten Mal dabei. Und dann freue ich mich natürlich schon auf die Weltmeisterschaft im September, denn der Quotenplatz dort entscheidet über die Startberechtigung für die Olympischen Spiele 2024 in Paris.

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