Fitteste Frau Deutschlands 2022: Katharina Isele über Schönheitsideale und ihre 180 Grad Wende | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Katharina Isele gilt für das Jahr 2022 als fitteste Frau in Deutschland. Im Interview spricht die Augsburgerin über ihren streng getakteten Alltag und das noch immer vorherrschende Narrativ einer „idealen Frau“.

Fitteste Frau Deutschlands 2022: Katharina Isele über Schönheitsideale und ihre 180 Grad Wende

Mit langen wehenden Locken und einem Strahlen im Gesicht kommt Katharina Isele zum Interview geradelt. Schon auf den ersten Blick erkennt man in der jungen Frau eine echte Sportlerin, denn ihre Haltung ist aufrecht, der Gang dynamisch und der Körper muskulös. Doch nicht immer hat die 29-Jährige so viel Leidenschaft und Liebe in Fitness gesteckt. Stattdessen sei sie in ihrer Jugend eine „Partymaus“ gewesen, habe sich sehr ungesund ernährt und kämpfte dadurch lange Zeit mit Übergewicht. Im Sport hat die Augsburgerin schließlich nicht nur ein Hobby, sondern ebenso einen Beruf sowie eine Erfüllung gefunden. Seit Jahren teilt Katharina nun schon ihre Geschichte auf Social Media und vermittelt dabei eine zentrale Botschaft: „Du bis schön, so wie du bist.“

Hallo Augsburg: War die schon immer klar, dass du Leistungssport machen möchtest?

Katharina: Definitiv nicht. Ich habe zwar als Kind im Fernsehen immer bewundernd zu den Sportler:innen aufgeblickt, doch hätte ich mir selbst nie zugemutet, dass ich auch einmal so diszipliniert und fit sein könnte. Stattdessen machte ich nach dem Abitur zuerst eine Ausbildung als Medienkauffrau bei TRENDYone. Danach begann ich ein BWL-Studium, das ich nach drei Semestern abbrach. Das war überhaupt nicht mein Vibe. Also habe ich mit Online-Marketing angefangen und mich zugleich für die Initiative „Frauensache“ eingesetzt, die über die Krankheit Lipödem aufklärt. Parallel habe ich außerdem privat schon ersten Content produziert.

Hallo Augsburg: Wie bist du dann zum Sport gekommen?

Katharina: Ich war früher übergewichtig, was den Start natürlich erschwert hat. Joggen war für mich ein absoluter Albtraum und ins Fitnessstudio habe ich mich nicht getraut. Ein Arbeitskollege nahm mich dann 2015 zum ersten Mal mit zu einem Crossfit Training und ich war komplett begeistert. Es war eine supernette Gruppe, die Bewegung machte Spaß und Sport war plötzlich keine Bestrafung mehr für „zu viel Essen“. Während Corona begann ich dann Teilzeit im Ben‘s Gym zu arbeiten. Das war der Grundstein für meinen Weg zum Leistungssport.

Hallo Augsburg: Wie oft trainierst du aktuell?

Katharina: Mittlerweile trainiere ich zwölf Mal die Woche, also an sechs Tagen jeweils in der Früh und am Abend. Das sind dann ungefähr fünf Stunden am Tag. Am Mittwoch habe ich aktuell immer Pause.

Hallo Augsburg: Es gibt bestimmt Tage, an denen du einen „inneren Schweinehund“ verspürst. Wie motivierst du dich?

„Um mein Ziel zu erreichen, muss ich Sachen tun, die nicht jeder kann. Ansonsten bleibe ich für immer in meiner Komfortzone stecken.“

Katharina: Ich habe mein Ziel vor Augen, nämlich eine Qualifizierung bei der Weltmeisterschaft im Crossfit. Da kommen allerdings nur elf Leute aus Europa hin und das sind verdammt wenig. Also halte ich mir vor Augen, dass meine Konkurrenz auch keine Einheit skippen würde und ziehe mein Training dann einfach durch. Letztendlich würde ich mich sonst auch nur selbst verarschen.

Hallo Augsburg: Was war dein größter Erfolg bisher?

Katharina: Das war definitiv die Auszeichnung als „Fittest Woman in Germany“ aus dem Jahr 2022 und zudem der Titel der deutschen Meisterin im Gewichtheben. Auch das Sponsoring durch das Unternehmen „lululemon“ und die darauf folgenden Interviews mit der Vogue und Sport Illustrated, waren für mich große Meilensteine.

Hallo Augsburg: Wie definiert man die „fitteste Frau in Deutschland“?

Katharina: Diese Mission hat sich der US-Konzern „CrossFit“ auf die Fahne geschrieben. Er organisiert jedes Jahr die „CrossFit Open“, bei denen weltweit tausende Menschen teilnehmen. Es handelt sich dabei um einen mehrstufigen Wettbewerb, der die Sportler:innen von Gewichthaben bis Ausdauer in verschiedenen Bereichen fordert. Anfangs sind die Challenges online, erst ab dem Halbfinale in Präsenz. Die „fitteste Frau eines Landes“ ist diejenige, die es in den Platzierungen am weitesten nach oben schafft.

Hallo Augsburg: Ist dein Leben eingeschränkt durch den Sport?

„Alles in meinem Leben ist komplett darauf ausgelegt, die maximale Leistung zu bringen.“

Katharina: Absolut. Mein ganzes Leben richtet sich zu tausend Prozent nach dem Sport aus. Dieser gibt den Takt an, wann ich ins Bett gehe und wann ich aufstehe. Auch meine Freunde wissen darüber Bescheid und nehmen viel Rücksicht. Sie machen mit mir nur Aktivitäten, bei denen nicht geraucht oder getrunken wird. Ein anderes Hobby neben dem Leistungssport ist leider nicht möglich.

Hallo Augsburg: Könntest du einen Alltag von der beschreiben?

Katharina: An einem typischen Dienstag stehe ich um 6 Uhr auf, trinke ein Glas Wasser und fahre mit dem Fahrrad in die Arbeit. Um 7 Uhr beginnt dann die erste Coaching-Stunde. Danach habe ich bis 9 Uhr eine Pause, in der ich Büroarbeit mache und meine Haferflocken frühstücke. Anschließend gebe ich eine zweite Classes-Stunde. Ab 10 Uhr fange ich dann mit meiner eigenen Trainingseinheit an, die immer aus zwei Workouts und einem kleinen Kraftteil vornweg besteht. Das dauert rund zweieinhalb Stunden. Im Anschluss geht es nach Hause, wo ich mir mein Mittagessen mache, ein paar Instagram Storys hochlade und weiteren Content fertigstelle. Dann geht es ab zur Physiotherapie und von der direkt wieder zurück ins Fitnessstudio. Dort habe ich am Dienstag eine Laufeinheit. Danach beginnen oftmals um 18.30 und 19.30 Uhr nochmal Coaching Stunden, bevor es um 21 Uhr mit dem Rad nach Hause geht. Dann wird geduscht, etwas Mobility gemacht – und dann ab ins Bett.

Hallo Augsburg: Was kann man über sich selbst lernen, wenn man an seine Grenzen geht?

Katharina: Vor allem im Leistungssport muss man oft seine Grenzen überschreiten. Dadurch erweitert man sein Mindset und kämpft dagegen an, sich selbst zu limitieren. Gedanken wie „das schaffe ich nicht“ zählen nicht, denn es gilt: Kopf aus und los! Dann kommt auch irgendwann das Erfolgserlebnis, wobei das beim Sport manchmal etwas dauern kann. Diese Grundeinstellung hilft jedoch auch im Alltag mit schweren Lebenssituationen besser umzugehen.

Hallo Augsburg: Was würdest du deinem „jüngeren Ich“ gerne sagen?

„Nicht alles, was glänzt, ist immer gleich Gold.“

Katharina: Ich würde sagen: Du bist gut, so wie du bist. Also schau nicht so viel auf die anderen und gehe deinen eigenen Weg. Nicht mit dir stimmt etwas nicht, sondern es sind viele Sachen in unserer Gesellschaft falsch. Deshalb musst du dich von der Jagd nach Schönheitsidealen lösen, denn diese wird nie aufhören. Sei also einfach du selbst, denn dadurch wird dein Leben so viel freier und leichter.

Hallo Augsburg: Du bist auf Social Media sehr aktiv und gibst dort viele Einblicke in deine Geschichte und deinen Alltag. Was ist dein Ziel?

Katharina: Ich möchte zeigen, dass es noch ein anderes Körperbild gibt als „groß und schlank“. Ein solches Vorbild hat mir in meiner Jugend nämlich immer gefehlt. Stattdessen ist jede:r Mensch anders gebaut und auch Wachstumsstreifen, Risse in der Haut oder Cellulite sind ganz normal. Außerdem möchte ich das Narrativ brechen, dass Muskeln nur zu Männern gehören. Das stimmt nämlich nicht.

Hallo Augsburg: Würdest du sagen, dass Social Media dir guttut?

Katharina: Ich habe mir auf Instagram eine Community aufgebaut, die nahezu alle auch aus dem Crossfit-Bereich kommen. Dadurch erfahre ich eine wahnsinnig unterstützende Gemeinschaft. Natürlich gibt es auch manchmal negative Kommentare zu meinem Körper, darunter „Wie schaust du denn aus?“ oder „Du hast ja Muskeln aus wie ein Mann“. Aber da muss man sich einfach ein dickes Fell zulegen. Trotzdem ist die positive Stimmung leider vorwiegend auf meine Crossfit-Bubble zurückzuführen. Insgesamt merkt man in den sozialen Medien noch immer das in der Gesellschaft vorherrschende Körperbild einer „schlanken Frau“ als Ideal.

Insgesamt muss man heutzutage seinen eigenen Weg finden, um mit den Sozialen Medien umzugehen. Ich lösche beispielsweise einen Tag in der Woche alle Apps. Dann gibt es 24 Stunden mal kein YouTube, Facebook, Instagram oder TikTok.

Hallo Augsburg: Was sagst du im Allgemeinen zu Body Positivity?

„Es gibt auch muskulöse Frauen, die kein Bodybuilding machen.“

Katharina: Dieser Begriff ist von der Medien- und Konsumwelt teilweise missbraucht worden, denn ein gesundheitlich bedenkliches Übergewicht ist mit diesem Begriff nicht zu rechtfertigen. Trotzdem finde ich es wichtig, dass man eine Awarness dafür schafft, dass jeder Körpertyp vollkommen in Ordnung ist. Jemanden aufgrund seines Aussehens zu beleidigen, ist einfach ein absolutes No-Go.

Hallo Augsburg: Gibt es ein Vorurteil, das du gerne aufräumen würdest?

Katharina: Oftmals höre ich, dass ich mittlerweile „nicht mehr weiblich“ aussehe. Dabei habe ich lange Haare und lackierte Fingernägel – wobei ich jetzt daran auch nicht mein Geschlecht ausmachen möchte. Aber, dass Frauen und Muskeln immer mit einem Mann gleichgesetzt werden, das begegnet mir oft und stimmt einfach nicht. Zugleich finde ich es aber auch amüsant. (lacht)

Hallo Augsburg: Was ist dein Traum für die Zukunft?

„Ihr müsst nicht Size Zero sein, um hübsch auszusehen.“

Katharina: Zum einen würde ich es gerne in den nächsten Jahren schaffen, mich für die Crossfit Games zu qualifizieren und bei der Weltmeisterschaft dabei zu sein. Zum anderen hoffe ich, dass mein Kanal auf Instagram noch größer wird. Dadurch könnte ich noch mehr Frauen inspirieren und motivieren, ihr Leben nach eigenen Vorstellungen aufzubauen.