Hallo Augsburg: Wie bist du dazu gekommen, Geigenbauerin zu werden?
Conradi: Ich habe Bratsche gespielt und schon immer gerne Handarbeit ausgeübt, beispielsweise Körbe geflochten und getöpfert. Das Geigenbauen empfand ich als tolle Kombination aus Musik und Handwerk.
Hallo Augsburg: Wie hast du das Handwerk gelernt?
Conradi: Ich habe mich nach der Schule für eine Geigenbauausbildung in Mittenwald beworben. Das war in Deutschland damals eigentlich die einzige Möglichkeit dieses Handwerk zu erlernen. Allerdings war gar nicht sicher, ob ich überhaupt einen Platz bekomme, da die Nachfrage ziemlich groß war. Doch ich hatte Glück und wurde zur Aufnahmeprüfung zugelassen. Die Ausbildung zur Geigenbaugesellin in Mittenwald dauerte insgesamt dreieinhalb Jahre und schon von Beginn an hatte ich den Traum, meine Meisterprüfung zu absolvieren und mich dann selbstständig zu machen. Genau das habe ich dann auch geschafft. Die Meisterprüfung habe ich schließlich nach vier Jahren Gesellenzeit in Stuttgart abgelegt.
Hallo Augsburg: Was liebst du an deinem Beruf am meisten?
„Das tolle an einer neuen Geige ist, dass man sie selbst prägt.“
Conradi: Das ist schwer zu sagen – eigentlich alles. Zum einen natürlich das Bauen selbst. Zum anderen aber auch das Reparieren der Instrumente. Dabei muss man oftmals die Geigen öffnen, wobei nicht selten alte Brandstempel oder Signaturen zum Vorschein kommen. Das kann sehr spannend sein.
Hallo Augsburg: Wie lange brauchst du, um eine Geige zu bauen?
Conradi: Dafür muss man gut 150 Stunden einplanen, also ungefähr einen Monat. Oftmals dauert es aufgrund der Wartezeiten aber auch länger, zum Beispiel wenn Leim und Lack trocknen müssen.
Hallo Augsburg: Was sind die wesentlichen Schritte beim Bau einer Geige?
Conradi: Zuerst stelle ich den Zargenkranz, also die Seitenwände der Geige, her. Um die gebogene Form zu erreichen, wird das dünne Holz mit heißem Wasser befeuchtet und anschließend über einem heißen Eisen gebogen. Boden und Decke werden dann zum Zargenkranz passend gefertigt. Nachdem die Einzelteile fertig sind, werden sie zusammengeleimt. Nun geht es an die Erstellung von Hals, Wirbelkasten und Schnecke. Sind diese fertig, können Hals und Korpus miteinander verleimt und das Instrument lackiert werden. Jetzt sind es nur noch wenige Schritte: Die Wirbel müssen eingepasst und im Inneren der Geige der Stimmstock aufgestellt werden. Dann schnitze ich noch den Steg. Sobald die Saiten aufgezogen sind und der Kinnhalter montiert ist, ist die Geige spielbereit.
Hallo Augsburg: Wird jede Geige etwas?
Conradi: Also verbrannt habe ich noch keine. (lacht) Eine richtig schlechte Geige – das wäre auf jeden Fall traurig, weil hinter dem Bau wirklich viel Arbeit steckt. Doch dadurch, dass alles von Hand gemacht ist, kann ich beim Bau auf die Materialbeschaffenheiten eingehen. Mit ein bisschen Erfahrung ist es also sehr unwahrscheinlich, dass es bis zum Ende hin nichts wird.
Hallo Augsburg: Wie legt sich der Preis fest?
„Man bewertet Instrumente nicht nach Klang, sondern nach Bauart und Herkunft.“
Conradi: Bei einer selbstgebauten Geige legt sich der Preis im Wesentlichen aus den Kosten für das verwendete Material sowie den Arbeitsauswand fest. Kaufe ich andere Instrumente ein, bestimmen Zustand und Herkunft den Wert.
Hallo Augsburg: Du hast den Augsburger Zukunftspreis der Schüler:innen-Jury 2022 gewonnen. Könntest du erklären, was die „Ökogeige“ ausmacht?
Conradi: Im Geigenbau wird das Ebenholz aufgrund seiner Härte und Dichte für durch Saiten stark beanspruchte Bestandteile verwendet. Bei der „Ökogeige“ habe ich bewusst auf tropische Hölzer verzichtet und diese durch regionale ersetzt. Das Griffbrett und der Saitenhalter sind beispielsweise aus “Sonowood”. Dafür werden heimische Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft derart modifiziert, dass sie die Eigenschaften von Tropenholz erhalten. Doch die Idee führte mich weiter und brachte mich auf die Idee, beispielsweise auch alte Klaviertasten zum Bau zu verwenden. Weitere Teile, wie die Stimmwirbel, habe ich mir aus heimischen Hölzern wie Zwetschge und Eibe bei lokalen Unternehmen anfertigen lassen. Die „Ökogeige“ war das Ergebnis dieses Experiments – und sie ist der Beweis, dass das Weglassen von Ebenholz dem Klang keinen Abbruch tut.
Hallo Augsburg: Sind weitere Projekte in der Zukunft geplant?
Conradi: Ich würde mich sehr freuen, wenn ich meine Kollegen davon überzeugen könnte, in Zukunft weniger Ebenholz im Geigenbau zu verwenden. Im Schülerbereich können sehr gut Griffbretter aus heimischen Harthölzern verwendet werden. Manche Instrumente sehen auch äußerst interessant aus, wenn verschieden farbige Hölzer verarbeitet wurden. Dann könnte ich mir vorstellen, Griffbretter, Saitenhalter und Wirbel in größeren Mengen herzustellen.Wir haben vor zwei Jahren einen Walnuss- sowie einen Kirschbaum bei uns im Garten gefällt, die dafür weiterbearbeitet werden könnten.