Im neuen Koalitionsvertrag von CDU und Grünen in Baden-Württemberg ist es festgehalten: „In Baden-Württemberg wird nach niedersächsischem Vorbild ein theoretischer und praktischer Sachkundenachweis eingeführt.“ Heißt, wer sich zukünftig einen Hund anschafft, ist dazu verpflichtet für den Sachkundenachweis einen entsprechenden Test zu absolvieren. Ein Beschluss, der auch für Augsburg einiges bewirken könnte.
Wie funktioniert das mit dem Hundeführerschein?
Bisher mussten lediglich alle HundehalterInnen in Niedersachsen eine Sachkundeprüfung ablegen. In allen anderen Bundesländern ist dies nur für „Kampfhunde“, oder „Listenhunde“, beziehungsweise für Hunde, die als aggressiv und gefährlich eingestuft wurden, nötig.
Die Hundeführerschein-Pflicht bedeutet, dass HundehalterInnen einen schriftlichen, sowie einen praktischen Test absolvieren müssen, um die Erlaubnis zu bekommen, überhaupt einen Hund (be-)halten zu können. Der Test fragt Wissen über das Sozialverhalten von Hunden ab und prüft im praktischen Teil, ob Hund und HalterIn kommunizieren können. Letztendlich geht es darum, sicherzustellen, dass zum einen vom Hund keine Gefahr für andere Tiere und Menschen ausgeht und zum anderen sollen HundehalterInnen darüber aufgeklärt werden, was die Bedürfnisse der Vierbeiner sind und wie man sie artgerecht hält.
Die Kosten für die Prüfung müssen von Frauchen oder Herrchen selbst bezahlt werden. In Niedersachsen sind das 40 Euro.
Ein Gewinn für Mensch und Tier
Auch wenn die Einführung des Hundeführerscheins zunächst einmal bürokratischen Aufwand bedeutet, wiegen die Vorteile schwer. Die Zahl der Hunde steigt immer weiter an. Von Januar 2020 auf Januar 2021 gab es in Augsburg ein überdurchschnittliches Jahresplus von 319 Hunden, was zu einer Anzahl von 9.223 gemeldeten Hunden führt. Wie uns bereits Hundeschulen-Betreiberin Beatrix Kluge erzählte, sei vielen HundehalterInnen nicht bewusst, dass ihr Hund einerseits Regeln braucht und darüber hinaus viel Zeit in Anspruch nimmt. Sie beobachtet viele „unüberlegte Entscheidungen“ für einen Hund. Auch Tierheim-Betreiberin Sabina Gaßner rechnet nach den Sommerferien damit, dass viele Hunde wieder abgegeben werden, da die Lebensumstände dann doch nicht zu den HalterInnen passen.
Die Problematik lässt sich darauf zurückführen, dass es offenbar zu „einfach“ ist, sich einen Hund anzuschaffen. Die Einführung eines verpflichtenden Hundeführerschein, wird Menschen dazu bewegen, länger über die Entscheidung für einen Hund nachzudenken. Kommen sie zu dem Schluss: Ja, wir wollen einen Hund, dann sind sie verpflichtet sich gründlich mit den Bedürfnissen des Tiers auseinanderzusetzen. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist aber in der Praxis wohl nicht immer gegeben.
Online-Handel und illegaler Tierhandel verschärft die Situation
Die Einführung eines Hundeführerscheins wird vor allem auch vor dem Hintergrund immer sinnvoller, als dass der Anteil an traumatisierten und damit anspruchsvolleren Hunden steigt. Das lässt sich auf den wachsenden illegalen Tierhandel zurückführen, der Hunde aus dem Ausland einschleust – unter für viele Hunde traumatisierenden Transport-Bedingungen, wie Sabina Gaßner uns berichtete. Auch immer mehr Straßenhunde finden ihren Weg zu uns, wo sie nicht selten in beengten Stadtwohnungen ein neues zuhause finden. Traumatische Erlebnisse und die komplette Umstellung ihrer Lebensumstände machen die Haltung dieser Hunde nicht leichter.
Unerfahrene HalterInnen sind oftmals überfordert und können somit nicht gewährleisten, dass keine Gefahr von den Vierbeinern ausgeht. Gleichzeitig tritt keine Besserung für die Lebensqualität des Tiers ein, wenn es nicht seiner Art entsprechend gehalten und kein langfristiges zuhause bekommt. Besonders für diese Gruppe der Hunde ist es wichtig, an Hundehalter zu geraten, die wissen, was sie tun. Ein Hundeführerschein könnte das sicherstellen.
Schluss mit unüberlegtem Hunde-Shopping
Ein verpflichtender Hundeführerschein ist damit ein Mittel, um überstürzten Hunde-Kauf-Entscheidungen entgegenzuwirken. Wenngleich er natürlich kein Garant dafür ist, dass es den Tieren über ihre gesamte Lebenszeit hinweg gutgeht und sie eine ordentliche Erziehung in der Hundeschule genießen. Wer die Verantwortung für einen Vierbeiner übernehmen will, sollte gerne bereit sein, Zeit und Geld in das Erlernen der Testinhalte zu stecken. Schließlich geht es um das Wohlbefinden des Hundes, das der Halter sowie deren Mitmenschen. Und am Ende kann er ein wichtiger Baustein sein, um ein friedliches Miteinander auf und rund um die Hundewiese zu ermöglichen.