Die Sanierung des Augsburger Hauptbahnhofes ist neben dem Umbau des Staatstheaters und der Uniklinik eines der derzeit laufenden Großprojekte in Augsburg. Die Bauarbeiten fielen in Zeiten verschiedener Krisen, welche das Vorhaben ausbremsten. Doch diese waren nicht die einzige Hürde: Eine weitere Herausforderung stellt die unterschiedlichen Zuständigkeitsbereiche dar, denn diese fallen auf zwei verschiedene Behörden. Während der obere Teil des Bahnhofs dem Eisenbahnbundesamt unterliegt, ist für die unterste Ebene die technische Aufsichtsbehörde der Regierung von Oberbayern verantwortlich. Das erfordert eine kontinuierlich enge Zusammenarbeit sowie regelmäßige Rücksprachen.
Das Gesamtprojekt Mobilitätsdrehscheibe
Die „Mobilitätsdrehscheibe Augsburg“ beschreibt ein Verkehrsprojekt, welches den öffentlichen Personennahverkehr in der Stadt attraktiver gestalten soll. Der Ausbau des Hauptbahnhofes ist Teil des Gesamtvorhabens, welches sich aus sechs Einzelprojekten zusammensetzt. Drei davon sind bereits fertiggestellt: Die Straßenbahnlinie 6 fährt seit 2010, der neue Königsplatz wurde 2013 eröffnet und seit Dezember 2021 rollt die Linie 3 nach Königsbrunn. Im kommenden Jahr wird nun die Straßenbahnhaltestelle unter dem Hauptbahnhof in Betrieb genommen, die zunächst zwei von später drei Linien anfahren werden. Hierbei handelt es sich um die Linien 3 und 4, die dann durch die unterirdische Wendeschleife wieder zurück in Richtung Innenstadt fahren. Ein weiteres Projekt der Mobilitätsdrehscheibe ist der Neubau der Straßenbahnlinie 5, die vom Hauptbahnhof zum Klinikum führen soll. Diese befindet sich aktuell noch in der Planung. Wann die ebenfalls geplante Verlängerung der Linie 1 nach Hochzoll angegangen wird, ist noch nicht absehbar.
Das Empfangsgebäude: Wie in alten Zeiten
Die Eingangshalle ist fast fertiggestellt: Die Wände sind mit einer Natursteinverkleidung versehen, die Türen sowie Fenster wieder eingebaut und auch der Boden ist weitestgehend verlegt. Trotz der Sanierung wird das denkmalgeschützte Empfangsgebäude vom Erscheinungsbild noch dem früheren gleichen. Die Geschäfte wie „Yormas“ und die Buchhandlung „Weltpresse“ sollen ebenso beibehalten werden. Doch einen großen Unterschied werdet ihr sofort feststellen, denn bei dem Treppenabgang zur Verteilerebene sind nun Rolltreppen zu finden. Außerdem ist der Bahnhof durch die neuen Aufzüge vollständig barrierefrei.
Verteilerebene: Garantiert barrierefrei
Zwölf Rolltreppen verbinden die Verteilerebene in rund sechs Metern Tiefe mit den Bahnsteigen der Deutschen Bahn (DB) an der Oberfläche. Daneben wurden vier Aufzüge eingebaut, um die Barrierefreiheit zu gewährleisten. Der Boden der Zwischenebene besteht aus rutschfesten Betonwerksteinplatten, die mit einem Blindenleitsystem versehen sind. In den Wänden werden weiß hinterleuchtete Glasfenster eingelassen, um für einen großzügigen Raumeindruck sowie eine angenehme Atmosphäre zu sorgen. Die Reiseauskunft kann von elektronischen Bildschirmen bei den Treppenaufgängen sowie Rolltreppen abgelesen werden.
Unterirdische Straßenbahnebene wird leuchten
Die unterste Ebene bildet der rund 450 Meter lange Straßenbahntunnel, dessen Rohbau bereits weitestgehend fertiggestellt ist. Dieser ist durch insgesamt acht Fahrtreppen sowie zwei Aufzüge mit der Verteilerebene verbunden. Auch hier werden in den Wänden hinterleuchtete Glasfenster installiert, welche in blauer Farbe scheinen und dem Design am Königsplatz entsprechen sollen. Ob es an der unterirdischen Haltestelle einen guten Handyempfang geben wird, ist derzeit noch unklar. Dietmar Orwat, Technischer Leiter bei den Stadtwerken Augsburg (swa), berichtet, man befände sich diesbezüglich noch in Diskussionen mit der zuständigen Aufsichtsbehörde. Diese sähe bei dem Thema aufgrund der Kabelverlegungen eine mögliche Brandschutzgefahr.
Die Straßenbahnhaltestelle unter dem Hauptbahnhof wird voraussichtlich kommendes Jahr in Betrieb gehen. Davor müssen nicht nur die Bauarbeiten vor Ort abgeschlossen sein, sondern auch eine Zugsicherung an den Straßenbahnen montiert werden. Diese überwacht alle sicherheitsrelevanten Prozesse im Tunnelbereich, dazu gehören beispielsweise das Legen von Weichen, das Stellen von Signalen sowie das Erteilen von Fahrbefehlen. Eine Nachrüstung der alten GT6-Bahnen, die in Augsburg derzeit vor allem auf Linie 6 verkehren, ist jedoch nicht möglich.