Bezahlkarte für Geflüchtete ab Mai 2024: Diese Kritik wird in Augsburg laut | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Die Bezahlkarte für Geflüchtete wird ab Mai in Augsburg eingeführt. Eine Entscheidung, die auf heftige Kritik trifft. Sowohl die Augsburger Grünen als auch der Flüchtlingsrat nahmen schriftlich Stellung dazu.

Bezahlkarte für Geflüchtete ab Mai 2024: Diese Kritik wird in Augsburg laut

Erst am 1. März hatte die Bundesregierung die Änderung im Asylbewerberleistungsgesetz beschlossen, schon am 21. März startete Bayern in den ersten Landkreisen einen Testversuch. Die Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber hatte zuvor für kontroverse Diskussionen gesorgt. Was steckt dahinter?

Einführung der Bezahlkarte in Deutschland

Immer wieder wird im Bund über die Asylpolitik diskutiert. Sei es über die Aufnahme neuer Flüchtlinge oder sei es über die Integration der Angekommenen. Zuletzt hatte eine mögliche Einführung der Asylkarte zu monatelangen Debatten in Berlin geführt. Anfang März konnten die Parteien schließlich auf einen Nenner kommen.

Als Anlass der Einführung wurde der „Missbrauch“ des in Deutschland ausgehändigten Geldes, beispielsweise für Zahlungen an Schlepper oder die Familie im Ausland angeführt. Die Karte solle außerdem Anreize der illegalen Migration nach Deutschland senken. Für Städte und Gemeinden wird außerdem von der Regierung weniger Verwaltungsaufwand versprochen, da diese zukünftig nicht mehr Bargeld aushändigen müssen, sondern die Beträge stattdessen auf die Karten buchen können.

Umsetzung in Händen der Bundesländer

Die Regierung hat mit der Gesetzesänderung in Deutschland zwar einheitliche Rahmenbedingungen geschaffen, die konkrete Umsetzung bleibt nun allerdings den Ländern überlassen. Schon zu Beginn kündigte Ministerpräsident Markus Söder eine „schnellere“ und „härtere“ Umsetzung in Bayern an. Verwirklicht wurde diese bereits am 21. März als Pilotprojekt in Günzburg, Traunstein, Fürstenfeldbruck und Straubing. Nun sollen bis Anfang Mai 15 weitere Kommunen folgen, darunter auch die Stadt Augsburg. Zum Ende des zweiten Quartals dieses Jahres soll die Bezahlkarte schließlich landesweit genutzt werden.

Funktionsweise der Bezahlkarte

Für die Bezahlkarte wird es strenge Regeln geben. So können Asylbewerber und Flüchtlinge mit dieser nur in einem bestimmten Postleitzahlbereich bezahlen. In Geschäften außerhalb dieser Region kann die Karte nicht eingesetzt werden. Außerdem ist es staatlichem Stellen möglich, Händlergruppen oder einzelne Geschäfte zu sperren. Dazu zählen beispielsweise Shisha-Bars und Casinos. Online-Bezahlungen sowie Überweisungen ins Ausland sind komplett gesperrt. Auch für das Abheben hat Söder eine klare Vorstellung: „Bargeld gibt es nur noch als kleines Taschengeld bis 50 Euro“. Dieser Betrag bezieht sich auf das Monatsbudget.

Probleme und Einschränkungen durch Regelung

Die Entscheidung des Bundes traf länderübergreifend auf Kritik. Viele Leute sahen in der Einführung eine Diskriminierung der Asylsuchenden, denn die Bezahlkarte führt zu zahlreichen Einschränkungen des täglichen Lebens. Durch ein monatliches Bargeld von nur 50 Euro, wird unter anderem der Einkauf bei der Tafel oder Flohmärkten erschwert. Dort gibt es oftmals nicht die Möglichkeit, mit einer Karte zu zahlen. Auch einige Cafés oder Bäcker akzeptieren erste eine digitale Zahlung ab einem Betrag von fünf Euro. Des Weiteren wird die räumliche Flexibilität der Asylbewerbenden und Flüchtlinge eingeschränkt, indem mit der Karte nur in einem begrenzten Gebiet gezahlt werden kann. Lisa Becke, Redakteurin bei Stern, weist in ihrem Kommentar darauf hin: „Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Asylbewerber große Teile der 182 Euro für den " „persönlichen Bedarf"“, die sie in den ersten Monaten nach der Ankunft erhalten, aus dem Land schaffen.“ Somit sei die Begründung des Bundes nichtig. Sie ergänzt: „Gibt es eine Person, die das unbedingt tun will, wird sie wohl auch mit Bezahlkarte einen Weg finden: Vielleicht kauft sie etwas im Laden, tauscht es um und lässt sich den Umtausch in bar auszahlen.“ Aber es sei falsch, einen Generalverdacht auszusprechen und damit sogar Politik zu begründen.

Kritik in Augsburg: Verschiedene Meinungen vertreten

Schreiben des Augsburger Flüchtlingsrats

In Augsburg wird ebenfalls Unmut an dem Vorhaben laut. Mit der Einführung im Mai ist die bayerische Großstadt eine der ersten Regionen im Bundesland, in der das umstrittene System genutzt wird. Der Augsburger Flüchtlingsrat verfasste bezüglich dessen eine Presseerklärung mit dem Titel „Solidarität gegen Repression“. Darin äußert der Verein seine Ablehnung gegenüber dem Vorhaben und betont: „Durch die aktuellen Maßgaben zu den Nutzungsmöglichkeiten der Karte wird das Recht auf informelle Selbstbestimmung und Gestaltungsfreiheit des eigenen Lebens von Geflüchteten massiv eingeschränkt.“ Demnach verschlechtere die neue Regelung die Lebensbedingungen Geflüchteter enorm und sei zugleich ein „kostenintensives Bürokratiemonster“ sondergleichen. Den Einführungsgrund sieht der Flüchtlingsrat unterdessen in einem verzweifelten Versuch „politischer Scharfmacher:innen und Hetzer:innen“, um Wähler:innen der AfD zurückzugewinnen. Abschließend ruft der Verein zu Solidarität für eine freie und lebenswerte Gesellschaft auf. Unterzeichnet wurde das Schreiben von zahlreichen Augsburger Vereinen und Organisationen, darunter von Tür an Tür, Augsburg für alle, Solidaritätsnetzwerk Augsburg und dem Grandhotel Cosmopolis.

Augsburger Grünen gegen schnellen Vorschuss

Auch die Augsburger Grünen kritisieren die Entscheidung. Sprecherin Dr. Hannah Judith sieht gerade die frühe Einführung als fragwürdig an und weist auf die ungewöhnlich schnelle Bereitschaft des Sozialreferenten Martin Schenkelberks hin. Sie erklärt: „Noch vor 6 Monaten hatte er selbst vor einer zu rasanten Einführung gewarnt und Bedenken zu dem hohen Verwaltungsaufwand geäußert. Es ist doch sehr verwunderlich nun Augsburg als einer der ersten bayerischen Großstädte mit der Bezahlkarte ins Rennen zu schicken, wo noch so viele Fragen ungeklärt sind.“ Markus Schnitzler, ebenfalls Sprecher der Augsburger Grünen, teilt die Meinung seiner Kollegin und ergänzt: „Der Freistaat lässt den Kommunen nicht die Wahl, ob die Bezahlkarte eingeführt wird, allerdings kann die konkrete Ausgestaltung von der Stadt Augsburg durchaus beeinflusst werden.“ So sei es den Grünen wichtig, dass den Betroffenen durch den Schnellschuss des Sozialreferenten keine Nachteile entstehen würden. Des Weiteren bemühe man sich, die in anderen Landkreisen zusätzlichen Einschränkungen in Augsburg zu vermeiden. Insbesondere die Begrenzung der Bezahlkarte auf den jeweiligen Landkreis führe nämlich die längst überholte Idee der Residenzpflicht indirekt wieder ein. Zuletzt findet Schnitzler beruhigende Worte: „Für uns stehen heute und auch in Zukunft bei der Asylpolitik die Menschen im Mittelpunkt.“