Wir haben uns mit Isabella und Wayene von OpenAfroAux für ein Interview getroffen. Die beiden erzählen uns, was die Gruppe antreibt und wie sie planen, um in Zukunft das Stadtbild mitzugestalten.
Seit wann gibt es OpenAfroAux?
Isabella: OpenAfroAux wurde am 6. Juni 2020 gegründet. An dem Tag haben wir zusammen mit anderen Leuten die erste Demo gegen strukturellen Rassismus weltweit in Augsburg organisiert. Damals haben wir schnell gemerkt, dass in Augsburg viel Energie da ist, etwas zu verändern. Das war uns vorher gar nicht bewusst. Seitdem treffen wir uns jede Woche am Freitag.
Wayene: Mittlerweile sind wir über 20 Leute.
Was ist das Ziel von OpenAfroAux?
Isabella: Unsere drei Grundbausteine sind Community, Empowerment und Weiterbildung. Zum Community-Gedanken gehört, dass wir uns als People of Color einen Raum schaffen wollen, in dem wir „Wir“ sein können und zusammenkommen.
46,8 Prozent der Augsburger haben einen Migrationshintergrund. Das wollen wir sichtbar machen. - Isabella
Empowerment bedeutet, dass wir uns gegenseitig stärken wollen. Wir wollen einen Raum schaffen, an dem wir Frust, beispielsweise über Diskriminierung in der Arbeit, ungefiltert herauslassen können, ohne in Erklärungsnot zu kommen. Der dritte Baustein ist der Weiterbildungsgedanke. Im Bereich Rassismus gibt es viel zu lernen: Rassismusforschung, Rassismuskritik und postkoloniale Forschungen. Mit diesen Themen wollen wir uns gemeinsam beschäftigen.
Was habt ihr als Gruppe vor?
Isabella: Wir wollen in Dialog mit anderen treten und Seminare halten.
Wir sind mit vielen weiteren Gruppen hier in Augsburg vernetzt und wollen zusammen das Stadtbild prägen. - Isabella
Jeder von uns macht gerade eine Fortbildung zur Bildungsreferentin, damit wir den Weiterbildungsgedanken auch erfüllen können. Außerdem haben uns mit Bürgermeisterin Martina Wild getroffen und über mögliche Projekte gesprochen. Und bald beginnt eine Kooperation mit dem Bezirksjugendring.
Wann habt ihr das erste Mal Erfahrungen mit Rassismus gemacht?
Wayene: Rassismus habe ich relativ früh kennenlernen müssen und zwar in der Grundschule. Ich wurde beleidigt, aber ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Auch in meinem Job wurde ich oft diskriminiert oder beleidigt. Früher habe ich in der Gastronomie gearbeitet, heute als medizinische Fachangestellte.
Isabella: Ich habe einen weißen Vater und eine schwarze Mutter. Da ist es eigentlich schon mit der Schwangerschaft gegeben, dass man als Halbaffe bezeichnet wird.
Ich musste nicht einmal auf die Welt kommen, um Rassismus zu erleben. - Isabella
Und das zieht sich dann durch, zum Beispiel, wenn meine Mutter mit mir beim Arzt sitzt und für mein Kindermädchen gehalten wird.
Was wünscht ihr euch von euren weißen Mitbürgern?
Wayene: Ich fände es schön, wenn andere es ernst nehmen, wenn ich von Situationen erzähle, in denen ich diskriminiert wurde. Da kommt dann oft: „Du bist zu sensibel“ oder „hab dich doch nicht so“. Wenn sich jemand öffnet und den Mut hat, darüber zu sprechen, dann sei doch lieber einfühlsam und empathisch.
Die Menschen sollten nicht einfach darüber hinwegsehen, sondern aktiv etwas dagegen tun. - Wayene
Isabella: Ich fände es außerdem wichtig, dass sich Menschen mit der Thematik auseinandersetzen. Es wäre schön, wenn es über die Aussage „Ich bin nicht rassistisch“ und damit hat sich die Sache erledigt, hinausgeht. Man sollte sich mit der Frage beschäftigen, was struktureller Rassismus bedeutet und warum jeder davon betroffen ist. Dann müssten wir nicht jede Diskussion bei null anfangen. Übrigens gilt das genauso für Sexismus oder anderen Formen von Diskriminierung.
Nur weil man mit irgendjemandem befreundet ist, der aus einem anderen Land kommt, hat man nicht grundsätzlich das Recht zu sagen, dass man mit Diskriminierung nichts zu tun hat. - Wayene